Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Stefan Oeter 
len Kabinetts tritt, aber war nach der institutionellen Blaupause nicht die 
Kommission, sondern der Rat — wenn auch wiederum mit dem Gegen- 
gewicht des Initiativmonopols der Kommission, einem Arrangement, 
das auf nationaler Verfassungsebene keine wirklichen Parallelen hat. 
Nun hat sich die Kommission im weiteren Verlauf natürlich partiell von 
dieser Rollenzuschreibung emanzipiert, hat ein eigenes Profil entwi- 
ckelt, das deutlich über das einer rein technokratisch-administrativen 
Bürokratie hinausgeht.“ Die Kommission ist mittlerweile ein genuin po- 
litisches Organ, mit Funktionen und Kompetenzen, die jedenfalls deut- 
lich in den politischen Bereich hineinragen. Das kann man schon für den 
eigentlich administrativen Bereich so sagen, wenn man etwa an die Ei- 
genkompetenzen der Kommission im Vollzug der europáischen Wettbe- 
werbspolitik denkt — die Beihilfenkontrolle und die damit eng verzahn- 
ten Fragen, wie weit eigentlich öffentliche Unternehmen der Daseins- 
vorsorge den gleichen Regeln wie private Unternehmen unterliegen, 
werfen eine Vielzahl im Kern auch zutiefst politischer Fragen auf.*5 Glei- 
ches gilt erst recht für die Rolle der Kommission im Verfahren der 
Rechtsetzung - die Vorbereitung und Vorlage einer Verordnungs- oder 
Richtlinieninitiative ist alles andere als rein vorbereitender Akt nur tech- 
nisch-administrativer Natur, sondern stellt háufig einen komplizierten 
Drahtseilakt der high politics dar. Ahnliches liesse sich von den Eigen- 
kompetenzen der Kommission im Bereich der Durchführungsrechtsakte 
sagen, deren Rückbindung an den Rat über die Verfahren der Komitolo- 
gie schon mehr als deutlich zeigt, dass es sich hier nicht um harmlose 
Vollzugsakte handelt, sondern um politisch heikle Akte der Normset- 
zung.*6 
44 . Vgl P.Dann, Die politischen Organe, in: A. v. Bogdandy /J. Bast (Hrsg.), Europäi- 
sches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2009, S. 335, 363 ff. 
45 Vgl. als Überblick über die Funktionen und Kompetenzen der Kommission nur 
R. Streinz, Europarecht, 8. Aufl. Heidelberg 2008, S. 116 ff. 
46 . Vgl als kritische Stimmen zum Ausschusssystem insbes. J. H. H. Weiler, Epilogue 
«Comitology» as Revolution — Infranationalism, Constitutionalism and Demo- 
cracy, in: C. Joerges/ E. Vos (eds.), EU Committees, Oxford 1999, S. 339, 347 f£; 
K. Lenaerts/ A. Verhoeven, Towards a Legal Framework for Executive Rule- 
Making in the EU? The Contribution of the New Comitology Decision, Common 
Market Law Review 37 (2000), S. 645 ff; C. Joerges/ L. Falke (Hrsg.), Das Aus- 
schusswesen der Europáischen Union, Baden-Baden 2000; G. Haibach, Komitolo- 
gie nach Amsterdam - Die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen im Rechts- 
vergleich, VerwArch 90 (1999), S. 98 ff. 
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