Die Verfassung der «Vereinigten Staaten von Amerika» von 1787
die Anerkennung einer solchen ausschliesslichen Kompetenz des
Bundes (nicht entscheidend ist von welchem Staatsorgan sie ausge-
übt wird) verwandelt diesen Bund in einen unitarischen Staat mit
unbegrenzten Kompetenzen, in dem die Gliedstaaten all ihre
Rechte verloren haben.
Es ist unmóglich die Bedeutung der Begriffe zu verstehen und den-
noch eine so einfache Schlussfolgerung zu leugnen. Die gegentei-
lige Meinung fusst auf vorschnellen und unzureichenden Annah-
men bezüglich der Beziehung der Gliedstaaten zum Bund. In der
Tat folgt aus der Sowveránitát der Gliedstaaten die Existenz ibrer
Kompetenz-Kompetenz; und so müssen sie natürlich auch ein kon-
trollierendes Vetorecht über strittige Rechtsakte des Bundes baben.
Dieses Kontrollrecbt ist der Rechtsbebelf, den die Verfassung gegen
Übergriffe der Bundesebene auf Gliedstaatenkompetenzen zur
Verfügung gestellt bat und durch welche die Kompetenzverteilung
zwischen dem Bund und den Staaten auf ewig unantastbar erhal-
ten werden kann. Nur auf diese Weise wird der Minderbeit ein
wirksamer Rechtsschutz gegen die Tyrannei der Mehrheit in die
Hand gegeben.®!
Da jeder Gliedstaat souverän ist, hat er also ein «kontrollierendes Veto-
recht über strittige Rechtsakte des Bundes». Das Recht auf Nullifikation
nationaler Gesetze folgt aus der Natur der amerikanischen Union als Fö-
deration. Wie kann man sich dieses Recht auf Nullifikation vorstellen?
Wann soll es benutzt werden? Nach Calhoun soll es auf «einen vorsätz-
lichen, spürbaren und gefährlichen Verfassungsbruch» beschränkt blei-
ben.2 Wer darf «nullifizieren» — die Gliedstaatenregzerung oder das
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Ibid., 348 f. (Hervorhebungen durch den Verfasser)
Ibid., 351. Calhoun bestand auf dieser Beschränkung in seinem «A Discourse on the
Constitution and Government of the United States» (Fn. 74, 197 f.): «To avoid this,
prudence and propriety require that they should abstain from interposing their aut-
hority, to arrest an act of their common government, unless the case, in their opi-
nion, involve a clear and palpable infraction of the instrument. They are bound to
go further — and to forbear from interposing, even when it is clear and palpable, un-
less it be, at the same time, highly dangerous in its character, and apparently admit-
ting of no other remedy; and for the plain reason, that prudence and propriety re-
quire, that a right so high and delicate should be called into exercise, only in cases
of great magnitude and extreme urgency.»
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