Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Die Verfassung der «Vereinigten Staaten von Amerika» von 1787 
Die Gliedstaaten signalisieren hier nur einen (potenziellen) Bruch des 
Bundesvertrages.® Interessant ist dabei das Verständnis Madisons in Be- 
zug auf den amerikanischen «Verfassungsvertrag». Dieser beinhaltet 
nàmlich kein unilaterales Nullifikationsrecht der Gliedstaaten.7? Staaten- 
rechte sind Kollektivrechte: nur die Staaten — im Kollektivplural — sind 
Herren der Vertrage.”! 
Die Entscheidung liegt letztlich nur beim «Volk» (the people). Es 
muss entscheiden, ob es die Verfassung verändern oder die Bundesregie- 
rung abwählen möchte. Ersteres war 1795 geschehen.”? Die «Ausländer- 
und Aufruhr»-Krise endete durch einfache Abwahl der «Föderalisten». 
Der Appell Virginias und Kentuckys politisierte die öffentliche Meinung 
und führte zur «Revolution von 1800». Die Wahl Jeffersons zum Präsi- 
69 Im Federalist No. 46 (Fn.26, 231-2) lesen wir also: «But ambitious encroachments 
of the federal government, on the authority of the State governments, would not ex- 
cite the opposition of a single State, or of a few States only. They would be signals 
of general alarm. Every government would espouse the common cause. A corres- 
pondence would be opened. Plans of resistance would be concerted. One spirit 
would animate and conduct the whole. The same combinations, in short, would re- 
sult from an apprehension of the federal, as was produced by the dread of a foreign, 
yoke; and unless the projected innovations should be voluntarily renounced, the 
same appeal to a trial of force would be made in the one case as was made in the ot- 
her. But what degree of madness could ever drive the federal government to such an 
extremity.» Und der «Report of 1800» appellierte ebenso an die «Aufmerksamkeit» 
der Gliedstaatenregierungen (cf. J. Madison, «The Report of 1800», Fn. 64, 350). 
Zur Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union und dem Lissa- 
bonner Subsidiaritätsmechanismus der «Gelben Karte», siehe: R. Schütze, Subsidia- 
rity after Lisbon: Reinforcing the Safeguards of Federalism?, (2009) 68 Cambridge 
Law Journal 525. 
70  H.]J. Powell, The Principles of '98: An Essay in Historical Retrieval, (1994) 80 Vir- 
ginia Law Review 689, 718. Diese Ansicht wich von Jeffersons Charakterisierung 
der rechtlichen Natur des amerikanischen Bundes ab. Dieser sah die Verfassung als 
bilateralen Vertrag eines jeden Gliedstaates mit der Gesamtheit der Schwesterstaa- 
ten. Zu den verfassungstheoretischen Differenzen zwischen Madison und Jefferson, 
siehe: A. Koch & H. Ammon, The Virginia and Kentucky Resolutions: An Episode 
in Jefferson's and Madison's Defense of Civil Liberties, (1948) 5 William and Mary 
Quarterly 145. 
71 . Diesgilt, mutatis mutandis, ebenso für die Mitgliedstaaten der Europáischen Union, 
siehe: R. Schütze, On «Federab Ground: The European Union as an (Inter)national 
Phenomenon, (2009) 46 Common Market Law Review 1069 (1082). 
72 Im Jahre 1795 kassiert der Elfte Zusatzartikel die Auslegung des Obersten Ge- 
richtshofes zu Artikel III - Abschnitt 2 in Chisholm v State of Georgia, 2 US 419 
(1793). 
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