Volltext: Europäischer Föderalismus im Licht der Verfassungsgeschichte

Robert Schütze 
veränen Parteien nur in solchen Situationen erfolgen kann, die tiefe 
und wesentlich fundamentale Prinzipien unseres politischen Sys- 
tems missachten.* 
Folglich komme auch der Oberste Gerichtshof als einziger und letzter 
Richter in fóderalen Verfassungskonflikten nicht in Betracht.9 Diese 
Ansicht beruhte auf der Befürchtung, dass «nicht enumerierte Kompe- 
tenzen nicht nur von der Legislative und Exekutive an sich gezogen und 
ausgeübt werden können, sondern dass eben auch die Judikative gefáhr- 
liche Kompetenzen jenseits der Verfassung ausüben oder sanktionieren 
kann».66 
Wer sollte demnach fôderale Kompetenzkonflikte entscheiden? 
Welche verfassungsgemässen Rechtsbehelfe gab es in solchen Situatio- 
nen? Der «Bericht von 1800» stilisiert die Virginia- und Kentucky-Re- 
solutionen nachträglich zu reinen «Meinungsäusserungen» ohne Rechts- 
wirkung. Sie hätten nur «zum Nachdenken anregen» sollen. Der Protest 
beider Staaten wird folglich zum rein rhetorischen Appell an die ande- 
ren Staaten herabgestuft.” Die Interposition wird den Gliedstaaten den- 
noch als legitimer Verfassungsbehelf zugestanden. Sie erlaubt deren Re- 
gierungen sich «zwischen» ihr Volk und den Bundesbefehl zu stellen.6s 
64  J. Madison, «The Report of 1800», in: The Papers of James Madison — Volume 17 
(University Press of Virginia, 1991), 303 (309f.) (Hervorhebungen durch den Ver- 
fasser). 
65 Anders noch J. Madison in Federalist No. 39 (ibid., 186): «It is true that in contro- 
versies relating to the boundary between the two jurisdictions, the tribunal which is 
ultimately to decide, is to be established under the general government. But this 
does not change the principle of the case. The decision is to be impartially made, ac- 
cording to the rules of the Constitution; and all the usual and most effectual pre- 
cautions are taken to secure this impartiality.» 
66 J. Madison, «The Report of 1800», Fn. 64, 312: «However true therefore it may be, 
that the Judicial Department, is, in all questions submitted to it by the forms of the 
Constitution, to decide in the last resort, this resort must necessarily be deemed the 
last in relation to the authorities of the other departments of the government; not in 
relation to the rights of the parties to the constitutional compact, from which the ju- 
dicial as well as the other departments hold their delegated trusts.» 
67 bid. 348. 
68 Zum Ursprung und der zeitgenössischen Bedeutung des Begriffs «Interposition», 
siche: C. G. Fritz, American Sovereigns: The People and America’s Constitutional 
Tradition before the Civil War (Cambridge University Press, 2008), 193 (mit Ver- 
weis auf Johnson's Dictionary). 
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