Volltext: 25 Jahre Liechtenstein-Institut

fundierte Hilfestellung bei der Rechtsanwendung hätte bieten können,14 im Kleinstaat am Oberrhein über Jahrzehnte hindurch überhaupt nicht vorhanden war. So kam es, dass zahlreiche stiftungsgesetzliche Bestim- mungen des PGR in der liechtensteinischen Praxis immer wieder miss- verstanden wurden. Die stiftungsgesetzliche Ausgangssitutation war für den Rechtsan- wender freilich eine denkbar schwierige. Der historische Gesetzgeber des PGR hatte es in den schütteren Gesetzesmaterialien nämlich nicht nur vielfach unterlassen, die Rezeptionsgrundlagen entsprechend trans- parent zu machen.15Er nahm ausserdem auch mehrfach Änderungen und Ergänzungen der schweizerischen Rezeptionsvorlage vor, wodurch die Systematik der stiftungsgesetzlichen Bestimmungen in mancherlei Hinsicht empfindlich gestört wurde.16Dort, wo es zu solchen Eingriffen kam, war bei der Heranziehung schweizerischer Lehre und Rechtspre- chung wiederum grösste Vorsicht geboten, denn systematische Bruch- stellen zwischen Rezeptionsvorbild und übernehmender Rechtsordnung setzten dem Anwendungsbereich der rechtsvergleichenden Auslegung naturgemäss entsprechende Grenzen und hätten bei der Gesetzesinter- pretation besonderes Fingerspitzengefühl erfordert. Doch damit nicht genug. Der PGR-Gesetzgeber hatte noch zwei weitere Besonderheiten geschaffen, die der Rechtsanwendung im liech- tensteinischen Stiftungsrecht zwangsläufig zusätzliches Kopfzerbrechen bereiten mussten. Zum einen ist ein vom Schöpfer des schweizerischen ZGB, Eugen Huber, konzipierter Entwurf eines allgemeinen Teils für Handelsgesellschaften mit Persönlichkeit, der in der Schweiz letztlich nie Gesetzeskraft erlangte, weitestgehend als allgemeiner Teil für alle ju- ristischen Personen in das PGR integriert worden.17Dieser allgemeine Teil wurde damit auch auf Stiftungen grundsätzlich für anwendbar er- 82Harald 
Bösch 14Gemäss Art. 1 Abs. 3 PGR hat ein Richter bei der Rechtsfindung bewährter Lehre und Überlieferung zu folgen, wenn dem Gesetz keine Vorschrift entnommen wer- den kann. 15Obwohl allein die stiftungsgesetzlichen Bestimmungen der Urfassung des PGR ins- gesamt 18 Artikel umfassten, beschränkte sich der Kurze Bericht zum Personen- und Gesellschaftsrecht (die wichtigste Materialie zum PGR) beim Stiftungsrecht auf fünf Sätze. 16Siehe hierzu Bösch, Liechtensteinisches Stiftungsrecht, 108 ff, 367 ff, 669 ff. 17Art. 106–245 PGR idF LGBl. 1926 Nr. 4. Dazu weiterführend Bösch, Liechtenstei- nisches Stiftungsrecht, 39 ff.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.