den waren, wurde der ursprünglichen Rezeptionsgrundlage der Vorzug eingeräumt.27 Die schon seit Beginn der Justizrechtsreform in Aussicht gestellte Erneuerung des gesamten liechtensteinischen Ehe- und Familienrechts erfuhr schliesslich 1982 durch ein Landtagspostulat einen konkreten An- stoss.28Darin ging es um eine Verbesserung der Rechtsstellung der Frau im Allgemeinen und in bestimmten Rechtsmaterien wie dem Vormund- schaftsrecht im Besonderen. Ein Vergleich der Rechtssituation in Öster- reich und der Schweiz ergab in Hinblick auf die Verwirklichung des Partnerschaftsprinzips und der Gleichberechtigung der Geschlechter kaum Unterschiede, Abweichungen gab es nur in Einzelfragen wie z. B. im Erbrecht und im Ehegüterrecht. Bei der Entscheidung der Rezepti- onsfrage gaben die Aspekte der Rechtstradition und der Rechtskonti- nuität den Ausschlag für eine Übernahme des österreichischen Rechts. Mit der 1992 im Landtag beschlossenen Reform, die sich vor allem auf die Rechtsbeziehungen der Ehegatten in personen- und vermögens- rechtlicher Hinsicht sowie auf das Erbrecht, das Scheidungsfolgenrecht, das Vormundschaftsrecht und das Unehelichenrecht bezog, wurden das Partnerschaftsprinzip und der Gleichberechtigungsgrundsatz im liech- tensteinischen Ehe- und Familienrecht verankert.29 Um das Zustandekommen der Reform nicht zu gefährden, waren das Ehetrennungs- und Ehescheidungsrecht – erwiesenermassen ganz besonders heikle Rechtsmaterien – vorläufig ausgenommen worden.30 Ein Landtagspostulat vom Oktober 1995 unterstrich die Reformbedürf- tigkeit des Scheidungsrechts mit dem Hinweis, dass Liechtenstein bei- nahe das einzige europäische Land sei, das seinen Bewohnern keine ein- vernehmliche Eheauflösung ermögliche. Der im November 1996 vorge- legte Regierungsentwurf zur Revision des Scheidungs- und Trennungs- rechts – der ein verschuldensunabhängiges Scheidungs- und Trennungs- system sowie die gesetzliche Verankerung der einvernehmlichen Schei- dung vorsah – gab dem schweizerischen Ehescheidungsrecht als Rezep- tionsgrundlage mit der Begründung den Vorzug, dass es besser mit den liechtensteinischen Reformzielen harmoniere als die österreichische 73
Das liechtensteinische ABGB als Forschungsgegenstand 27LGBl. 75/1976. 28Vgl. zum Folgenden Berger, wie Fn. 40, S. 133 ff. 29Die Ehe- und Familienrechtsreform, LGBl. 53–57/1993, trat am 1. April 1993 in Kraft. 30Vgl. hierzu ausführlich Berger, wie Fn. 40, S. 179 ff.