Volltext: 25 Jahre Liechtenstein-Institut

lange haben. Das Neutralitätsgebot hat nicht den Sinn, die religiöse und weltanschauliche Komponente aus der Staatstätigkeit auszuschliessen oder die Religion in eine rein gesellschaftliche und private Sphäre zu ver- weisen.15Der Staat kommt nicht ohne Wertorientierung aus. Die Verfassung anerkennt die besondere Stellung, welche die Reli- gion in Staat und Gesellschaft einnimmt.16Wie aus Art. 14 und 15 der Verfassung zu ersehen ist, erklärt sie den Schutz der religiösen Interes- sen zu einer der Staatsaufgaben und legt Wert auf eine «religiös-sittliche» Bildung der «heranwachsenden Jugend», die im Zusammenwirken von Familie, Schule und Kirche zu realisieren ist. In diesem Sinne äussert sich auch das Schulgesetz in Art. 1, wonach die öffentlichen Schulen bestrebt sind, den jungen Menschen nach christlichen Grundsätzen zu erziehen. Vergleichbare Beispiele findet man auch in kantonalen Unterrichtsgeset- zen. So schützte der schweizerische Bundesrat eine Bestimmung im sankt-gallischen Volksschulgesetz, wonach die Volksschule «nach christ- lichen Grundsätzen geführt» werde.17Religiös-weltanschauliche Neu- tralität des Staates bedeutet nicht, dass es der öffentlichen Schule ver- wehrt wäre, ihren Unterricht auf eine christliche Grundlage zu stellen, wenn auch ein areligiöser Unterricht gemäss bundesgerichtlicher Hal- tung an sich den Grundsatz der konfessionellen Neutralität der öffentli- chen Schule nicht verletzen würde.18Gemeint ist nach den Worten des deutschen Bundesverfassungsgerichts nicht ein «Glaubenschristentum, sondern ein «Bildungs- und Kulturchristentum».19 Dass sich der staatliche Bildungsauftrag auf «christliche Grund- sätze» stützt, erklärt sich aus der Kultur und Geschichte des liechten- steinischen Staates. Er ist so zu verstehen, dass die Schule menschliche 406Herbert 
Wille 15Vgl. Michael Brenner, Staat und Religion, in: VVDStRL 59 (2000), S. 264 (270 ff.). 16Vg. Art. 14, 15, 16, 37 und 38 LV. 17Vgl. Urs Josef Cavelti / Andreas Kley (Anm. 8), zu Art. 15 Abs. 3 und 4 BV, Rz. 14 unter Bezugnahme auf VPB 51 (1987) Nr. 7, E. 4; Andreas Kley, Wie neutral ist die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts in Glaubens- und Weltan- schauungsfragen in: René Pahud de Mortanges (Hrsg.), Religiöse Neutralität. Ein Rechtsprinzip in der multireligiösen Gesellschaft (Freiburger Veröffentlichungen zum Religionsrecht 21), Zürich / Basel / Genf 2008, S. 65 (78); Thomas Würtenber- ger, «Unter dem Kreuz» lernen, in: Detlef Merten / Reiner Schmidt / Rupert Stett- ner (Hrsg.), Der Verwaltungsstaat im Wandel, Festschrift für Franz Knöpfle zum 70. Geburtstag, München 1996, S. 397 (407) mit weiteren Hinweisen. 18BGE 119 Ia 252, 261. 19BVerfGE 41, 29 ff., 64.
	        

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