Volltext: 25 Jahre Liechtenstein-Institut

Stahmers phrasenreicher Artikel, geschrieben im Januar 1943 in China mit Blick auf Japan, war noch ganz durchtränkt von der Gross- raum-Ideologie der drei Mächte, von der Kriegsschuldzuweisung an die Alliierten, von der verzerrten Wahrnehmung der Situation in China und von Endsieg-Gewissheit. In jenen Januarwochen 1943 tobte fernab noch die Schlacht um Stalingrad, in ihrer letzten Phase. In Nordafrika standen seit dem November 1942 die Amerikaner. Im Sommer 1942 hatte die ja- panische Flotte bei den Midway-Inseln eine schwere Niederlage erlitten. Ob Stahmer noch alles, was er so geschwollen von sich gab, selber glaubte, ist 
ungewiss. Rechtfertigungen post festum Stahmer liess nach dem Krieg verlauten, er sei ein innerlich nicht über- zeugter Nationalsozialist gewesen. Er habe, sagte er in der Vernehmung durch Kempner in Nürnberg, mit Kriegsvorbereitungen nichts zu tun gehabt, habe die Verbrechen des Regimes abgelehnt, die Judenverfol- gung missbilligt, selber Juden geholfen, von der «Endlösung» der Juden- frage in der Kriegszeit nichts gewusst, davon erst nach dem Zusammen- bruch erfahren, er habe nur seine Pflicht dem Vaterland gegenüber er- füllt, nie gegen sein Gewissen gehandelt. Er habe überdies 1937 und wie- der 1941 um seinen Abschied nachgesucht, ihn aber nicht erhalten. Seine Schwiegermutter sei jüdisch und daher bedroht gewesen. Seine beiden Söhne seien sechs Jahre im Krieg gestanden, ohne Offiziere zu werden. Er sei selber bedroht gewesen. Und er habe Liechtenstein 1939 vor der Annexion gerettet.34 Falls solche Reserven Stahmers gegenüber dem Nationalsozialis- mus und dem Hitlerregime bestanden, so zeigte Stahmer sie nach aussen und in seiner Tätigkeit jedenfalls nicht. Er galt als Botschafter seinen Mitarbeitern in Tokio als eingefleischter Nationalsozialist. Er arbeitete mit dem der Botschaft zugeteilten, berüchtigten Polizeiattaché Josef Meisinger, der für Bespitzelung zuständig war, zusammen. Rundfunkat- taché Erwin Wickert, damals in der Botschaft in Tokio für die deutschen 162Peter 
Geiger 34Interrogation of Heinrich Georg Stahmer by Dr. Robert M. W. Kempner, 17. Okt. und 6. Nov. 1947, Nürnberg, Kopien, Privatarchiv Heinz-Dieter Stahmer, Koblenz.
	        

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