Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

In diesem explosiven Klima wuchs Josef Salamaj auf, als 
polnischer Ukrainer. Er habe, so sagte sein Sohn später, 
wie alle Jugendlichen die Träume seiner Zeit geteilt — 
eine unabhängige Ukraine betreffend —, sie verwandelten 
sich in Alptráume.* 
Jaroslaw 
Josef Salamaj lebte in den Kriegsjahren vorab in der 
nahen Kleinstadt Jaroslaw, wo er die Handelsschule be- 
suchte, nordóstlich von Rzeplin und direkt vor der 
deutsch-sowjetischen Besatzungsgrenze. In Jaroslaw 
brannten die Deutschen nach dem Einmarsch im Sep- 
tember 1939 die Synagoge nieder, auferlegten den Juden 
eine Strafsteuer, vertrieben auch sogleich circa 10 000 Ju- 
den aus Jaroslaw über den Grenzfluss San ins sowjetisch 
besetzte Ostpolen. Josef Salamaj erzáhlte spáter seinem 
Sohn Paul: 
«Juden wurden mit Stockschlägen aus den Dôrfern ge- 
jagt, sie irrten durch die Wilder und bettelten, … sie wur- 
den von den Bauern denunziert, weil sie Nahrung wollten 
... Die Deutschen füllten Eisenbahnwagen mit Juden, dann 
stiess eine Lokomotive den Konvoi in freier Fahrt über die 
Grenze zu den Russen.»? 
Im «Umbruch», dem Kampf- 
blatt der Nationalsozialisten 
Liechtensteins, wurde Hitlers 
Überfall auf die Sowjetunion p" 
bejubelt. Der Einmarsch in die I Ier kr 
Ukraine wurde als Befreiung Mm m umm ue oim 
dargestellt. Die Propagandafoto m: 
zeigt einen deutschen General 
im freundlichen Gespräch mit 
Ukrainerinnen. («Der Umbruch», 
5. Juli 1941) 
if 
i 
i 
i 
kn 
i 
88 
    
  
Im August 1940 liess sich Josef Salamaj eine Geburts- 
und Taufurkunde ausfertigen. Ausgefüllt war sie vom 
Pfarrer seiner Taufkirche, in Latein, auf einem Formular 
aus ósterreich-ungarischer Zeit. Bestátigt wurde sie von 
der deutschen Besatzungsbehórde, samt Hakenkreuz- 
stempel.? Offenbar ging es Josef darum, der tódlichen 
Gefahr zu entgehen, als Jude zu gelten. 
Bürgerkrieg? 
Mitten im grossen Krieg brach in der Region ein ei- 
gentlicher Bürgerkrieg aus. Er dauerte an bis 1945, mit 
Massakern der polnischen geheimen Heimatarmee an 
Ukrainern, Massakern der ukrainischen Geheimarmee 
UPA an Polen, mit Partisanenkampf beider gegen Sow- 
jets und mit Pogromen beider gegen Juden. 
Dieser Bürgerkrieg gewann an Intensität, als am 
22. Juni 1941 Hitlers Wehrmacht den «Ostfeldzug» ge- 
gen die Sowjetunion begann. Es war Sommer, Josef Sala- 
maj weilte im Heimatdorf Rzeplin. Am Vorabend hatte 
ein deutscher Soldat, vielleicht betrunken, auf der Strasse 
gerufen: «Krieg, Krieg, morgen ist Krieg!» Die sowjeti- 
sche Grenze lag nahe. In Rzeplin hórte man in den fol- 
genden Tagen die schweren deutschen Bombardierun- 
Lnd E EU IY I liu. lai TY app: 
LIL LL - bem Be. d.— 5 Dude D En Jn J 
ToU Perd nie m Hand itum aum Er 
m iin mi s Ha LÍ 
   
  
  
  
  
Geiger Peter: Das Leben von Josef Salamaj, Mitglied der Holmston-Armee 1945
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.