In diesem explosiven Klima wuchs Josef Salamaj auf, als
polnischer Ukrainer. Er habe, so sagte sein Sohn später,
wie alle Jugendlichen die Träume seiner Zeit geteilt —
eine unabhängige Ukraine betreffend —, sie verwandelten
sich in Alptráume.*
Jaroslaw
Josef Salamaj lebte in den Kriegsjahren vorab in der
nahen Kleinstadt Jaroslaw, wo er die Handelsschule be-
suchte, nordóstlich von Rzeplin und direkt vor der
deutsch-sowjetischen Besatzungsgrenze. In Jaroslaw
brannten die Deutschen nach dem Einmarsch im Sep-
tember 1939 die Synagoge nieder, auferlegten den Juden
eine Strafsteuer, vertrieben auch sogleich circa 10 000 Ju-
den aus Jaroslaw über den Grenzfluss San ins sowjetisch
besetzte Ostpolen. Josef Salamaj erzáhlte spáter seinem
Sohn Paul:
«Juden wurden mit Stockschlägen aus den Dôrfern ge-
jagt, sie irrten durch die Wilder und bettelten, … sie wur-
den von den Bauern denunziert, weil sie Nahrung wollten
... Die Deutschen füllten Eisenbahnwagen mit Juden, dann
stiess eine Lokomotive den Konvoi in freier Fahrt über die
Grenze zu den Russen.»?
Im «Umbruch», dem Kampf-
blatt der Nationalsozialisten
Liechtensteins, wurde Hitlers
Überfall auf die Sowjetunion p"
bejubelt. Der Einmarsch in die I Ier kr
Ukraine wurde als Befreiung Mm m umm ue oim
dargestellt. Die Propagandafoto m:
zeigt einen deutschen General
im freundlichen Gespräch mit
Ukrainerinnen. («Der Umbruch»,
5. Juli 1941)
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Im August 1940 liess sich Josef Salamaj eine Geburts-
und Taufurkunde ausfertigen. Ausgefüllt war sie vom
Pfarrer seiner Taufkirche, in Latein, auf einem Formular
aus ósterreich-ungarischer Zeit. Bestátigt wurde sie von
der deutschen Besatzungsbehórde, samt Hakenkreuz-
stempel.? Offenbar ging es Josef darum, der tódlichen
Gefahr zu entgehen, als Jude zu gelten.
Bürgerkrieg?
Mitten im grossen Krieg brach in der Region ein ei-
gentlicher Bürgerkrieg aus. Er dauerte an bis 1945, mit
Massakern der polnischen geheimen Heimatarmee an
Ukrainern, Massakern der ukrainischen Geheimarmee
UPA an Polen, mit Partisanenkampf beider gegen Sow-
jets und mit Pogromen beider gegen Juden.
Dieser Bürgerkrieg gewann an Intensität, als am
22. Juni 1941 Hitlers Wehrmacht den «Ostfeldzug» ge-
gen die Sowjetunion begann. Es war Sommer, Josef Sala-
maj weilte im Heimatdorf Rzeplin. Am Vorabend hatte
ein deutscher Soldat, vielleicht betrunken, auf der Strasse
gerufen: «Krieg, Krieg, morgen ist Krieg!» Die sowjeti-
sche Grenze lag nahe. In Rzeplin hórte man in den fol-
genden Tagen die schweren deutschen Bombardierun-
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Geiger Peter: Das Leben von Josef Salamaj, Mitglied der Holmston-Armee 1945