Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

Nach ihrer Flucht aus der Haft in Wangen hätten Rieter 
und Bello in Bregenz verschiedene Krämerwaren gestoh- 
len. Diese seien teils «verhausiert», teils auf den Märkten 
verkauft worden. Katharina Unold die Ältere sei den 
beiden Mànnern dabei behilflich gewesen."? 
Katharina Unold die Ältere bestätigte, Karl Bello sei 
über zehn Jahre (1808-1818) der «Zuhälter» ihrer Tochter 
Elisabeth gewesen und hätte mir ihr wenigstens vier 
Kinder gezeugt, von denen nur noch die Tochter Fran- 
ziska am Leben sei. Zudem habe Bello mit ihrer zweiten 
Tochter Katharina zwei Kinder gezeugt: im März 1807 
Elisabeth und [nach] 1818 Magdalena. Auch wusste Ka- 
tharina Unold die Ältere von Bellos Heirat im aargaui- 
schen Baden: 
«Dieser Karl Bell soll ein rechtes Eheweib an der Kreuz- 
wirthstochter in Baden haben, wie mir die Wirthsleute in 
Kaiserstuhl, wo der Karl Bell ôfters logierte, sagten. >!” 
Alle Jauner sowie auch die Töchter Elisabeth und Katha- 
rina Unold wüssten Bescheid, dass Karl Bello als «ein 
vorzüglich geschickter und geübter Beutelschneider» be- 
kannt sei. Als angeblicher Krämer habe er mit gestohle- 
nen Waren alle Jahrmärkte in Schwaben, im Breisgau, in 
der Schweiz und in Vorarlberg besucht. Er habe sich aus- 
schliesslich durch Diebstähle und das «Beutelschneider- 
gewerb» ernährt. Bello habe deshalb «immer viel Geld» 
gehabt.!*! 
Katharina Unold die Âltere habe Karl Bello im Herbst 
1817 in Zähringen bei Freiburg im Breisgau das letzte 
Mal gesehen. Ihre Tochter Elisabeth sei schon kränklich 
gewesen, zudem sei damals bereits deren Schwester Ka- 
tharina bei Bello gewesen, «als Magd, und auch als 
Beischläferin».!* 
Karl Bello habe zudem den Ubernahmen «Chardon» 
gehabt, der ihm vor allem im Elsass gesagt worden sei.'? 
Chardon bedeutet ein Kaktus, im übertragenen Sinn 
wohl auch ein widerborstiger, schwieriger Mensch. 
Der «grosse Welsch» ist 
«ein ausgezeichneter Marktdieb» 
Der aus Willisau (LU) stammende Jauner Joseph Pfister, 
genannt «Kropfsepp», war wegen eines verübten Raub- 
mords in Chur inhaftiert, konnte jedoch von dort entwei- 
chen. Er wurde in Tuttlingen erneut festgenommen und 
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dort am 29. April 1820 verhórt. Wohl um eine Strafmil- 
derung für sich zu erreichen, machte Joseph Pfister klare 
Aussagen über Karl Bello. Dieser sei einer «der schäd- 
lichsten [der] noch nicht eingefangenen Jauner», ein 
«ausgezeichneter Marktdieb».?! 
Joseph Pfister gab aufschlussreiche Informationen zur 
Art, wie Karl Bello und Elisabeth Unold zu ihrem Die- 
besgut gekommen seien. Sie hátten auf diese Art zum 
Beispiel vor zwei Jahren in Feldkirch über 400 Gulden 
ergaunert: 
«Während sein Weib auf den Märkten gewöhnlich in ei- 
ner schönen Rede feil halte, so lief er unter den Leuten auf 
dem Markte herum, und stahl ihnen Geld, Uhren und der- 
gleichen aus der Tasche, ohne dass sie es merkten. Dieses 
Handwerk treibt er schon mehr als 30 Jahre.» 
Joseph Pfister schilderte Karl Bello als einen Mann, der 
wie ein vornehmer Kaufmann auftrete, dem man nicht 
zutrauen würde, ein solches Handwerk zu betreiben. 
Karl Bello «lebt zu gut, und braucht sehr viel».9 Aus Ita- 
lien bekomme er Pässe. Seine Waren seien von Wert, sie 
bestünden vor allem aus «Frauenzimmer Putz, grossen 
Halstüchern, Schalls und dergl.». Oft habe er unterwegs 
Familienangehörige bei sich. Die nachfolgende Aussage 
bezieht sich auf das Jahr 1820, wobei Bellos 1807 gebo- 
rene Tochter Elisabeth vom Augenzeugen Joseph Pfister 
etwas älter eingeschätzt wurde, als sie tatsächlich war: 
«Er führt gewöhnlich seine 14- bis 15-jährige Tochter 
[Elisabeth, Tochter von Bello mit Katharina Unold], die sich 
ganz Französisch und neumodisch kleidet, ferner seine zweite 
Frau, die im Liechtensteinischen zu Haus ist, bei sich.» 
Kam Karl Bello bei seinen Marktdiebstáhlen immer un- 
geschoren davon? Joseph Pfister verneinte dies und er- 
wähnte einen Vorfall, der sich in Isny im württembergi- 
schen Allgäu ereignet habe: 
«Ich habe es selbst einmal gesehen, wie er in Isny auf 
dem Georgi Markt vor ungefähr 14 Jahren von den Bauern 
sehr geschlagen wurde, weil er einem von ihnen 12 bis 13 
Louis d’Or bereits aus der Tasche genommen hatte, was 
aber ein anderer Bauer bemerkte. Er ist aber den Bauern 
während der Schläge entwichen.»'® 
Karl Bello verfügte offenbar über viel körperliche Kraft, 
um sich aus Schlägereien relativ schadlos befreien zu 
können. Er war, wie es sich im Folgenden noch zeigt, 
Biedermann Klaus: Ein Beutelschneider aus Turin wird Liechtensteiner
	        

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