Ihre Schwester Elisabeth habe sie eigentlich vor diesem
Menschen gewarnt. Karl Bello hätte «in Zürich oder Bern
schon vor vielen Jahren ... gerichtet werden sollen»,
doch er sei entwichen.'®
Einvernahme von Karl Bello
vor dem Oberamt in Vaduz
Bei seiner Einvernahme vom 8. Januar 1823 in Vaduz
korrigierte Karl Bello eine am 23. November 1822 ge-
machte Aussage, dergemäss er mit Elisabeth Unold
(falsch: Fessler) 1816 den Sohn Franz gezeugt habe. Es sei
vielmehr eine Tochter mit Namen Franziska gewesen.
Er, Karl Bello, habe mit Elisabeth Unold vier Kinder ge-
habt: den in Turin verstorbenen Dominic, den zweiten
Knaben Jeröme Marie (unweit von Genf verstorben), die
erwähnte Franziska sowie ein weiteres Mädchen, «auf
dessen Namen aber ich mich nicht mehr zu erinnern
weiss». 1°
Das Oberamt konfrontierte Karl Bello mit den Doku-
menten, die bei der Durchsuchung seines Hauses in
Nendeln beschlagnahmt worden waren. Gemäss diesen
Dokumenten hatte Bello verschiedene falsche Namen
verwendet, was dieser jedoch erneut abstritt. Er, Bello,
hätte diese Papiere mit den anderen Namen lediglich ge-
funden, diese hätten aber keinen Bezug zu ihm selbst.
Ausserdem könne er weder lesen noch schreiben, des-
halb habe Elisabeth Unold (falsch: Fessler) wohl diese
Schriftstücke verwaltet. — Das Oberamt schenkte Bellos
Ausflüchten jedoch keinen Glauben und bat ihn, endlich
die Wahrheit zu sagen.
Auf den von Katharina Ochsli erwáhnten Fleck auf
dem Rücken angesprochen, sagte Bello, dieser rühre von
einem Eselsbiss her, den er als neun- oder zehnjähriger
Knabe erhalten hatte. Bello musste daraufhin seinen
Rücken entblóssen. Tatsáchlich zeigte sich ein eigrosser
Fleck, deren Rander rétlicher und runzeliger waren.
Bello leugnete wiederholt, mit Katharina Ochsli verhei-
ratet gewesen zu sein.!%
Bei der Fortsetzung des Verhörs am Folgetag leugnete
Karl Bello zudem erneut, der Vater von Katharinas
Unolds Kindern zu sein. Er bestritt sämtliche von Katha-
rina Unold gemachten Aussagen mit der Bemerkung:
«allein diese Person will mich nur unglücklich ma-
chen».
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Aussagen von Joseph Brunet
und Barbara Hiller in Chur
Das Verhórrichteramt Chur schickte am 19. Januar 1823
die schriftliche Dokumentation einer Einvernahme von
Joseph Brunet nach Vaduz. Wie erwáhnt, war Joseph
Brunet ein Bruder von Katharina Unold. Einleitend be-
merkte das Verhórrichteramt, Karl Bello habe im Mai
1820 in Chur mehrere Beutelschneidereien verübt, doch
habe man ihm nie etwas eindeutig beweisen kónnen, so
dass er lediglich aus Graubünden ausgeschafft hátte
werden kónnen. Bello sei hingegen
«von mehreren diesswerts inhaftierten Vaganten als ein
grosser Marktdieb und Beutelschneider befingerzeigt [wor-
den], ohne dass selbe jedoch bestimmte Unthaten anzuge-
ben wussten. »'*
Joseph Brunet, genannt Stokersepp, wurde nach eigenen
Angaben zu Paradies im Thurgau geboren. Er sei katho-
lisch, ledig, 27-jáhrig und von Beruf ein Knopfmacher.
Zweimal habe man ihn wegen Diebstahl verurteilt, das
zweite Mal 1816 zu lebenslanger Gefängnisstrafe.!”
Brunet sagte in Chur aus, seine Schwester Elisabeth
Unold sei zweimal verheiratet gewesen: das erste Mal
mit dem Soldaten Joseph From aus Buchau am Federsee
in Oberschwaben, das zweite Mal mit einem Italiener
namens Joseph Colomb. Den Joseph From hátte sie ver-
lassen, weil sie von diesem einige Male geschlagen wor-
den sei. Elisabeth Unold sei bereits mit Colomb zusam-
men gewesen, als er (Joseph Brunet) neun oder zehn
Jahre alt war. Über Joseph Colomb (richtig: Karl Bello)
sagte Brunet zudem aus:
«Colomb hielt sich früher im Elsass auf, trieb dort
Contrebande [Schmuggel] und machte sich dadurch so viel
Vermógen, dass er sich Haus und Güter ankaufte. Darnach
fuhr er mit einem Pferd und Wagen als Krümer mit largen
Waaren auf den Märkten im Elsass und südlichen Schwa-
ben herum, meine Schwester begleitete ihn stets.»!?
Joseph Brunet gestand, als Kind seine Schwester Elisa-
beth und Joseph Colomb mehrmals begleitet zu haben
beim Transport von offensichtlich gestohlenen Waren.
Bei einer Fahrt durch Oberschwaben hätten lokale
Bauern Verdacht geschöpft, doch ein Wegzöllner hätte
Colombs Fuhrwerk schliesslich passieren lassen, da man
wusste, dass dieser immer mit Waren herumziehe. Der
Biedermann Klaus: Ein Beutelschneider aus Turin wird Liechtensteiner