«Nein, das war ich nicht, es musste ein anderer schlechter
Kerl meinen Namen geführt haben.»”
Das Zivil- und Kriminalgericht Feldkirch machte ab-
schliessend an das zweite Verhör vom 19. Dezember
1822 eine Personenbeschreibung von Karl Bello:
«Karl Bell ist langer, hagerer Statur, dem Ansehen nach
über 50 Jahre alt, hat schwarze etwas grau werdende Haare,
solche Augenbrauen und Bart, eine hohe gewólbte Stirne,
gelbgraue Augen, eine spitzige, zwischen den Augen etwas
eingedriickte Nase, ein lingliches braunes blatternarbiges
Gesicht ...».7*
In Bezug auf sein Auftreten hielt das Gericht fest:
«Seine Sprache ist die eines Italieners, geschwind, etwas
gebrochen, doch deutlich deutsch, wenn gleich manchesmal
etwas unverstündlich, seine Gemütsart hitzig und reitzbar.»?
Erhártende Fakten zu Karl Bello
Karl Bello soll aus der Vorstadt Borgo Dora in Turin
stammen, er wurde dort offenbar um das Jahr 1770 gebo-
ren. Ein Leumundszeugnis aus Turin, ausgestellt am
2. Juni 1815 und ins Deutsche übersetzt, bestátigte Turin
als Geburtsstadt Bellos.? Dieser habe dort zudem eine
Schwester namens Dominica, die mit dem Handelsmann
Anton Macari verheiratet sei.?!
Karl Bello wurde im Jahr 1803 in Bern zu einer 14-jáh-
rigen Kettenstrafe verurteilt. Dieser schweren Kerker-
strafe sollte eine einstündige óffentliche «Ausstellung»
des Delinquenten vorangehen.? Das Kantonsgericht
Bern sah es als erwiesen an, dass Karl Bello mehrere
schwere Diebstáhle begangen hatte. So habe er sich am
7. Dezember 1800 mit falschen Schlüsseln Zugang zum
Mess-Comptoir in Freiburg (Schweiz) verschafft, wo er
dem Berner Bürger Adrighetti Geld, Bijouterie und
Quincaillerie (Eisenwaren) gestohlen hatte. Zudem habe
Karl Bello — so das Kantonsgericht Bern — in Winterthur
eine «Beutelschneiderey» verübt. Verdáchtigt werde
Bello weiterer neun Diebstáhle, doch seien diese noch
«nicht vollgültig gesetzlich erwiesen». Karl Bello wurde
in Bern nicht nur zur erwáhnten Kerkerstrafe verurteilt,
sondern auch zur Erstattung des Werts aller gestohlenen
Güter sowie zur Begleichung sämtlicher Prozess- und
Gefangenschaftskosten.*!
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017
Nachdem Katharina Unold am 26. November 1822 vor
dem Zivil- und Kriminalgericht Feldkirch ausgesagt
hatte, Karl Bello sei mit einer Wirtstochter aus Baden
verheiratet gewesen, nahm - darüber informiert von den
Behórden in Feldkirch — das Oberamt in Vaduz am 2. De-
zember 1822 Kontakt auf mit dem Kriminalgericht der
Stadt Baden.
In seiner Antwort schickte das Oberamt des Bezirks
Baden einen Auszug aus dem Eheregister der Pfarrei
Baden nach Vaduz. Demzufolge habe Karl Bello am
17. Februar 1801 Katharina Öchslin (Öchsli), die Tochter
des Kreuzwirts in Ennetbaden, geheiratet. Ein Sohn, der
«hierseits in Diensten steht», entstamme dieser Ehe, so
die Behörden in Baden. Die Ehefrau von Bello lebe
«kümmerlich vom täglichen Verdienst»,® seitdem er
(Bello) diese verlassen habe, was gemäss ihrer späteren
Aussage bereits zweieinhalb Jahre nach der Eheschlies-
69 Diese Aussage korrigierte Karl Bello bei einer späteren Einver-
nahme am 8. Januar 1823 in Vaduz.
70 LILA RB K 2/1822-1823, Nr. 12: Kriminalakten Karl Bello. Einver-
nahme von Karl Bello in Feldkirch, 23. November 1822.
71 Ebenda.
72 Ebenda.
73 Ebenda.
74 LILA RB K 2/1822-1823, Nr. 12: Kriminalakten Karl Bello. Vorbe-
merkung zur erneuten Einvernahme von Karl Bello in Feldkirch,
19. Dezember 1822.
75 Ebenda.
76 | LILA RB K 2/1822-1823, Nr. 12: Kriminalakten Karl Bello. Einver-
nahme von Karl Bello in Feldkirch, 19. Dezember 1822.
77 Ebenda. Bellos Antwort auf die entsprechende 27. Frage.
78 LI LA RB K 2/1822-1823, Nr. 12: Kriminalakten Karl Bello. Ein-
vernahme von Karl Bello in Feldkirch, 19. Dezember 1822, mit
abschliessender Personenbeschreibung.
79 Ebenda.
80 LILA RB K 2/1823, ad Nr. 12: Kriminalakten Karl Bello. Leu-
mundszeugnis für Karl Bello, den Sohn des Joseph Bello, ausge-
stellt in Turin von Barbasso Bartolomeu und Giacomo Godone.
81 LILA RB EK 2/1823, Nr. 81: Kriminalakten Karl Bello. Schreiben
von Landvogt Joseph Schuppler an die Behórden der Stadt Turin,
15. April 1823. — Dominica Bello, so hiess es in diesem Schreiben,
sei eine gute Näherin.
82 LILA RB K 2/1822-1823, Nr. 7: Kriminalakten Karl Bello. Urteil
des Kantonsgerichts Bern gegen Karl Bello, 19. Márz 1803 (beglau-
bigte Abschrift).
83 Ebenda.
84 Ebenda.
85 LILA RB K 2/1822-1823, Nr. 4: Kriminalakten Karl Bello. Schrei-
ben des Oberamts Vaduz an das Kriminalgericht der Stadt Baden
in der Schweiz, 2. Dezember 1822.
86 LILA RB K 2/1822-1823, Nr. 7: Kriminalakten Karl Bello. Schrei-
ben des Oberamts des Bezirks Baden an das Oberamt in Vaduz,
7. Dezember 1822.
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