typ vom «jüdischen Rassenschänder», das «Erfolgsre-
zept» des «Stürmer», musste herhalten. Der «Umbruch»
forderte nicht nur die Internierung der jüdischen Bevölke-
rung in «Judenlagern», sondern darüber hinaus auch de-
ren Ausweisung und Deportation, ebenso die Einführung
des «Judensterns». Dabei liess das Blatt keinen Zweifel,
«dass der Jude ausgerottet werden wird» (Februar 1942)
und postulierte die «Ausmerzung des Judentums als Volk
und Rasse» (März 1942). Im Juni 1943 ist gar von der «Ver-
nichtung des Judentums» die Rede. Der Kontext zwischen
der Hetze gegen «jüdische Rassenschändung» und offe-
nen Vernichtungsforderungen sei von der bisherigen For-
schung kaum beachtet worden, bemängelt Ruault. Beson-
ders ins Visier des «Umbruchs» geriet dabei Franz Engel,
Sohn eines Fabrikbesitzers. Als «Frauenheld» machte er in
den Augen der «Volksdeutschen» die «rassische Verfü-
gungsgewalt über liechtensteinische Frauen» streitig.
Ehrverletzungsklagen Betroffener gegen Hilti blieb
der Erfolg meist versagt: Sie wurden verschleppt und ba-
gatellisiert oder abgewiesen. Erst kurz vor Kriegsende
wurde Hilti vom Landgericht wegen seiner Hetze schul-
dig gesprochen, kam aber mit einer sehr milden Geld-
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017
strafe davon. Im Februar 1944 wurde der «Umbruch»
zwar verboten, aber nicht wegen der Judenhetze, son-
dern wegen dessen Angriff auf das enge Verhältnis des
Landes zur Schweiz. Hiltis Hetze gegen die Juden war
nach dem Krieg weder in seinen Einvernahmen noch im
gesellschaftlichen Diskurs ein Thema, sondern vielmehr
ein eigentliches Tabu.
Handlanger des NS-Regimes
Ruault will der Frage der «tatsächlichen Art der Produk-
tivität» Hiltis für Nazi-Deutschland nachgehen, die bis-
her «völlig vernachlässigt» worden sei. In Hiltis Selbst-
darstellung war sein Unternehmen total abhängig von
Deutschland — er sei deshalb zu gewissen Konzessionen
gegenüber dem NS-Regime gezwungen gewesen. In Tat
und Wahrheit ging Hilti aber weit über das hinaus, was
opportunistisch motiviert und dem Geschäftserfolg
dienlich war: Sein politisches Handeln erfolgte vielmehr
«aus tiefster Überzeugung» und war von «missionari-
schem Eifer» getragen.
Das Waldhotel in Vaduz, wo
auch Hilti regelmässig verkehrte,
galt im Zweiten Weltkrieg als
Drehscheibe für nachrichten-
dienstliche Umtriebe zugunsten
Nazideutschlands.
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