Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

typ vom «jüdischen Rassenschänder», das «Erfolgsre- 
zept» des «Stürmer», musste herhalten. Der «Umbruch» 
forderte nicht nur die Internierung der jüdischen Bevölke- 
rung in «Judenlagern», sondern darüber hinaus auch de- 
ren Ausweisung und Deportation, ebenso die Einführung 
des «Judensterns». Dabei liess das Blatt keinen Zweifel, 
«dass der Jude ausgerottet werden wird» (Februar 1942) 
und postulierte die «Ausmerzung des Judentums als Volk 
und Rasse» (März 1942). Im Juni 1943 ist gar von der «Ver- 
nichtung des Judentums» die Rede. Der Kontext zwischen 
der Hetze gegen «jüdische Rassenschändung» und offe- 
nen Vernichtungsforderungen sei von der bisherigen For- 
schung kaum beachtet worden, bemängelt Ruault. Beson- 
ders ins Visier des «Umbruchs» geriet dabei Franz Engel, 
Sohn eines Fabrikbesitzers. Als «Frauenheld» machte er in 
den Augen der «Volksdeutschen» die «rassische Verfü- 
gungsgewalt über liechtensteinische Frauen» streitig. 
Ehrverletzungsklagen Betroffener gegen Hilti blieb 
der Erfolg meist versagt: Sie wurden verschleppt und ba- 
gatellisiert oder abgewiesen. Erst kurz vor Kriegsende 
wurde Hilti vom Landgericht wegen seiner Hetze schul- 
dig gesprochen, kam aber mit einer sehr milden Geld- 
  
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017 
strafe davon. Im Februar 1944 wurde der «Umbruch» 
zwar verboten, aber nicht wegen der Judenhetze, son- 
dern wegen dessen Angriff auf das enge Verhältnis des 
Landes zur Schweiz. Hiltis Hetze gegen die Juden war 
nach dem Krieg weder in seinen Einvernahmen noch im 
gesellschaftlichen Diskurs ein Thema, sondern vielmehr 
ein eigentliches Tabu. 
Handlanger des NS-Regimes 
Ruault will der Frage der «tatsächlichen Art der Produk- 
tivität» Hiltis für Nazi-Deutschland nachgehen, die bis- 
her «völlig vernachlässigt» worden sei. In Hiltis Selbst- 
darstellung war sein Unternehmen total abhängig von 
Deutschland — er sei deshalb zu gewissen Konzessionen 
gegenüber dem NS-Regime gezwungen gewesen. In Tat 
und Wahrheit ging Hilti aber weit über das hinaus, was 
opportunistisch motiviert und dem Geschäftserfolg 
dienlich war: Sein politisches Handeln erfolgte vielmehr 
«aus tiefster Überzeugung» und war von «missionari- 
schem Eifer» getragen. 
Das Waldhotel in Vaduz, wo 
auch Hilti regelmässig verkehrte, 
galt im Zweiten Weltkrieg als 
Drehscheibe für nachrichten- 
dienstliche Umtriebe zugunsten 
Nazideutschlands. 
213
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.