Felde stehenden Früchte, das Ohmet und Wiesenheu entwe-
der mit der Erde hin weggeschwemmt oder aber mit Rhein-
sand überkieset oder wenigstens bedeutend verlettet, so dass
nun die Einwohner nichts haben, was sie zu Gelde machen
oder von dem sie leben oder ihr Vieh durch den Winter un-
terhalten können. Verzweiflungsvoll ist ihre Lage, insbe-
sondere da es ihnen an eigenen Kräften mangelt, den Wuhr-
bau wieder zu verbessern und weil, wenn sie den Rhein aus
ihrem Eigenthume in das Flusbeet zurückdrängen, gleich-
wohl ihre Gründe auf mehrere Jahre hinaus auser der Cul-
tursfühigkeit gesetzt sind.»?
In Wien zeigte man sich vom Elend der Untertanen
wenig betroffen. Der Bericht Schupplers wurde Fürst
Johann I. persönlich vorgelegt.” Dieser notierte darauf:
«Nach Möglichkeit den eigenen Schaden hindern und den
von den Unterthan erleichtern. Mir ist nur bang um die
vielen Gelder, die ich vom Krieg noch zu fordern hab. JL».
Der zweite Teil dieser Anweisung fehlte auf dem Schrei-
ben der Hofkanzlei vom 15. Oktober 1817 an das Ober-
amt in Vaduz — sie hitte das Bild vom fürsorglichen Lan-
desvater wohl in ein etwas ungünstiges Licht gestellt.
Fürst und Hofkanzlei interessierten sich vor allem für
die Sicherung der fürstlichen Gebáude und Renten. Die
Hofkanzlei wies das Oberamt an, die Schulden der Un-
tertanen gegenüber dem Rentamt «auf eine nicht auffal-
lende oder drückende Art» im Grundbuch einzutragen
und damit sicherzustellen.®
In Ruggell waren nicht alle in gleichem Ausmass von
der Rheinüberschwemmung betroffen: Je nachdem, wo
die Bürger von der Gemeinde Boden erhalten hatten,
war die Nutzung auf lange Zeit sehr erschwert oder
nicht beeinträchtigt. Um die Folgen der Rheinüber-
schwemmung besser zu verteilen, brachten die Geschä-
digten die Idee auf, den ausgeteilten Gemeindeboden
wieder einzuziehen und neu zu verteilen. In einer Befra-
gung sprachen sich am 15. September 1817 dann 51 Bür-
ger dafür und 22 dagegen aus. Am Tag darauf stimmte
Schuppler der Neuverteilung zu. Das Los sollte entschei-
den, wer welchen Boden erhielt.”
In der Not ersuchte Schuppler das Feldkircher Kolle-
gialgericht um die Ausfuhrbewilligung für Getreide,
Kartoffeln und andere Lebensmittel. Von dort kam am
20. September die Antwort, dass die Ausfuhr von Ge-
treide nach wie vor streng verboten sei, dass aber der Be-
darf an Kartoffeln gemeldet werden solle. Andere Viktu-
alien könnten frei ausgeführt werden.“
== Türken 1000
Grafik 4: Preisentwicklung in den Rentamtsbücher (1811 = 100 %)
— Spelz 900
800
700
600
500
400
300
200
1811
100. eee
1812
1813
1814
1815
1816
1817
1818
1819
1820
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Vogt Paul: Hungerjahre in Liechtenstein