Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

Der liechtensteinische Scharfschützenzug war also am 
13. September 1849 von der badischen Excursion in die 
Heimat zurückgekehrt und alle Mitglieder bis auf die 
wenigen Garnisonsangehörigen wurden beurlaubt. 
Rheinberger blieb in Vaduz als diensthabender Leutnant 
der Garnison. Er erhielt, wie alle andren Teilnehmer am 
Feldzug, die vom Grossherzog von Baden gestiftete Er- 
innerungsmedaille.'® Sein Betätigungsfeld als Leutnant 
war aber während der folgenden Zeit für ihn nicht be- 
friedigend. Es bestand zur Hauptsache in der Ausbil- 
dung der Rekruten, was dem strebsamen jungen Mann 
keineswegs genügte. Er nahm daher daneben jede Gele- 
genheit wahr, sich in jenen Gebieten weiter auszubilden, 
die ihn am meisten interessierten. Besonders betrieb er 
technisch praktische Arbeiten: Vermessen, Nivellieren 
und Mithilfe bei Entwässerungsarbeiten.'*“ Daneben 
ging er fleissig auf die Jagd. 
Um seine Kenntnisse in der Ingenieurkunde zu er- 
weitern und zu vertiefen, entschloss er sich schliesslich 
noch zu einem höheren Studium, das er 1855/56 an der 
königlich-bayerischen polytechnischen Schule in Mün- 
chen absolvierte. Dort hörte er die Vorlesungen über 
Strassen-, Brücken- und Wasserbau, ferner über Civil- 
bau. Dazu nahm er an den «Übungen im Construieren 
und Entwerfen von Ingenieur-Bauwerken» teil. Der Rek- 
tor bescheinigte ihm in seinem Abgangszeugnis «vor- 
züglichen Fleiss und Fortgang».!5 
Die Briefe aus Peter Rheinbergers Münchener Zeit 
lassen erkennen, dass ihm das Studium am Polytechni- 
kum keine grossen Schwierigkeiten bereitete. Er konnte, 
dank seiner theoretischen und praktischen Vorbildung, 
allen Vorlesungen mühelos folgen. Seine Vorlesungs- 
hefte aus dieser Zeit, die heute noch alle erhalten sind, 
sind musterhaft und sauber geführt.!“ 
Peter Rheinberger hatte sich in München in derselben 
Pension (bei Perstenfeld) eingemietet, in der schon sein 
jüngerer Bruder Josef Gabriel seit mehreren Jahren 
wohnte. Die beiden Brüder, die einander schon früher, 
wie auch in späteren Jahren herzlich zugetan waren, 
führten in dieser Zeit zusammen ein brüderlich verbun- 
denes Leben. Beide waren untertags voll beschäftigt, 
verbrachten aber alle ihre freien Stunden zusammen. 
Ein paar Stellen aus Briefen Peter Rheinbergers nach Va- 
duz sollen hier noch Platz finden. Am 1. Oktober 1855 
schrieb er nach seiner Ankunft in München an seinen 
Vater: 
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017 
«Montag abends 6 V» Uhr kam ich glücklich mit einem 
langweiligen Güterzug, der von Lindau aus 12 V2 Stunden 
brauchte, hier an. Josef, der zur Zeit meiner Ankunft im 
Museum war, erwartete mich dorten. Er hat ziemlich ge- 
wachsen; in seinen Winterrock eingehüllt, seinem Zylinder 
und seinen langen Künstlerhaaren à la fliegende Blätter, 
hütte ich ihn so leicht nicht erkannt. Er erüsste mich zuerst 
— ich stund, und schaute den Unbekannten mit der 
Basstimme an und ich erkannte erst beim Schein einer 
Lampe das Gesicht meines Bruders. Mein Sommerrock, der 
mir etwas zu klein war, passt ihm wie angemessen, was ihn 
nicht wenig freute. Seine Künstlerhaare aber sind auf meine 
Veranlassung etwas kürzer geworden ...»!* 
Unter dem 23. Dezember 1855 heisst es: «Dem Josef 
geht's gut. Pepi komponiert, spielt Klavier, gibt «a bez» 
Unterricht oder begleitet einige Gráfinnen am Klavier, 
was weiss ich ... raucht, schnupft immer und ist schon 
langst den Jahren entwachsen, um sich von mir hofmeis- 
tern zu lassen; denn er ist ohne Zylinder 5 Fuss 3 % Zoll 
Wiener Mass hoch (167 cm), was freilich auch in An- 
schlag zu bringen ist.» 
Die Rheineinbrüche in Liechtenstein von 1846 und 
1855 erlebte Peter Rheinberger selbst vor Ort. Sein Vater 
hatte schon durch mehrere Dezennien hindurch die 
ganzen Wuhrbauten am Rhein unter sich gehabt. Dies 
alles mag Peter Rheinberger nun in Vaduz bewogen ha- 
ben, sein Augenmerk besonders auf die Bekämpfung 
der grossen Gefahren, die dem Lande immer wieder 
von Seiten des Rheins drohten, zu wenden. Dies hatte 
ihn wohl auch dazu motiviert, in München die Vorle- 
sungen über Wasserbau unter allen Umständen noch zu 
hören. 
Als er dann im Jahre 1856 von München zurückkam, 
galt es, die erworbenen theoretischen Kenntnisse weiter 
praktisch zu unterbauen. Zunächst arbeitete er vom 
140 Siehe Rheinberger, Wilhelm Schlegel 1992, S. 172. 
141 Menzinger, 1913, S. 31-53. 
142 Quaderer-Vogt, Militargeschichte 1991, S. 233-246. 
143 LILA AFRh H 6. 
144 Die Landvermessung und die Entwásserung fielen in den amtli- 
chen Kompetenzbereich seines Vaters als Rentmeister. 
145 LILA AFRh H 2, Zeugnis vom 5. Juli 1856. 
146 LILA AFRh H, Zeugnisse und Unterlagen aus der Ausbildungszeit. 
147 LILA AFRh H, private Korrespondenz. 
149
	        

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