Rückkehr nach Frankreich - Familie — Arbeit
Der jungen Familie Salamay wurden vier Kinder gebo-
ren: Paul (* 1951 in Paris), Sylvie (* 1952 in Montreal),
Chantal (* 1954 in Paris) und Hélène (* 1960 in Paris).”
Offensichtlich war die Integration in die kanadische Welt
nicht ganz gelungen, insbesondere sehnte sich die Frau
nach den Eltern. In Erwartung des dritten Kindes reiste
sie im September 1953 mit dem zweijährigen Paul und
der acht Monate alten Sylvie nach Frankreich zurück. Ihr
staatenloser Mann aber benötigte ein Visum, um über-
haupt nach Frankreich zurückreisen zu dürfen. Im Juli
1954 kam auch er wieder nach Paris.
Fortan blieb die Familie in Frankreich. Die zweiein-
halb Jahre in Kanada waren nur eine weitere begrenzte
Phase von Salamays Emigrationsgeschichte. In Paris
wohnte die Familie vorerst wieder bei den Schwiegerel-
tern.
Im Frühling 1955 zog sie nach Meudon, wenige Kilo-
meter ausserhalb Paris. Die Schwiegereltern kauften für
ihre Tochter ein Baugelände, ebenfalls in Meudon. Hier
baute Paul Salamay ab 1955 eigenhändig in der Freizeit
ein Wohnhaus, am Abend nach der Arbeit, an Wochen-
enden und in den Ferien. Nach gut drei Jahren konnte
die Familie einziehen. Später baute er, auch wieder mit
eigener Hände Arbeit, ein weiteres Haus in Boissy, als
Zweitwohnsitz, nahe Fontainebleau, etwa 50 km südlich
Paris.
Familie Salamay-Chantemille 1967: Monique und Joseph mit den vier
Kindern Chantal, Sylvie, Paul und Helene.
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Anstellung bei LMT und Thomson-CSF
Salamay fand nach der Rückkehr aus Kanada sogleich
Beschäftigung bei der Firma «Le Materiel Telephonique»
(LMT). Dort arbeitete er von 1954 bis 1960. Er war im
Verwaltungsbereich tätig, entsprechend seiner Handels-
ausbildung. Die LMT produzierte Telefonzentralen. Sie
wurde spáter zu einer Filiale der amerikanischen «ITT»
und 1976 von «Thomson-CSF» (heute «Thales»). Thom-
son-CSF war auch im militärischen Radar tätig, der fran-
zösische Jäger «Mirage» zum Beispiel war mit Thom-
son-Radar ausgerüstet. So galt denn auch Joseph Sala-
may bei Thomson-CSF als Geheimnisträger («Secret Dé-
fense»).?
Einbürgerung
1955 stellte der staatenlose Joseph Salamay ein Gesuch
um Einbürgerung in Frankreich. Er hatte bis dahin nur
insgesamt fünf Jahre in Frankreich gelebt, 1947-1951 und
1954-1955, war allerdings mit einer Französin verheiratet
und hatte drei französische Kinder. Im umfangreichen
Einbiirgerungsdossier — das der Sohn im Jahre 2008 einse-
hen konnte — wurde 1956 alles festgehalten, was seine
Herkunft betraf und was für eine Einbürgerung spräche.
Auf die Frage, warum er aus der Heimat weggegangen
sei, gab er — keineswegs korrekt — an, er sei zur Zwangsar-
beit ins Reich deportiert worden und im Mai 1945 von
Wien in die Schweiz gekommen. Als positiv war im Dos-
sier vermerkt: Salamay sei integriert, spreche Franzó-
sisch, habe die franzósischen Sitten angenommen, sei di-
plomiert, verkehre nicht mit Auslándern, sei nicht politisch
aktiv, verfüge über gute Gesundheit, frei von Gebrechen,
habe sich nicht während des Krieges bereichert und stehe
weder in Frankreich noch in Kanada im Strafregister.?
Allerdings genügte dies den Behórden noch nicht.
Die Gründe, warum er mit der Familie für zweieinhalb
Jahre nach Kanada weggezogen war, erschienen ihnen
undurchsichtig. Eine Abklärung über die Aktivitäten
und die Loyalität «dieses Fremden» («de cet étranger»)
folgte. Darauf wurde das Gesuch um mindestens drei
Jahre aufgeschoben.”*
Zum Vergleich mit Liechtenstein: Hier wären seiner-
zeit, zum Beispiel 1956, für einen einbürgerungswilligen
Ausländer folgende Voraussetzungen nötig gewesen:
Langjähriger Aufenthalt, verhältnismässig hoher Bür-
Geiger Peter: Das Leben von Josef Salamaj, Mitglied der Holmston-Armee 1945