Volltext: Jahrbuch (2017) (116)

schliesslich 100 Personen ein argentinisches Visum. Sie 
reisten im Laufe des Sommers 1947, die letzten im Feb- 
ruar 1948, in Gruppen per Bahn über Chiasso nach Ge- 
nua, von dort mit dem Schiff nach Buenos Aires. 
Ultimatum an die Adresse der Ukrainer 
Aber 15 Mitglieder der «Ukrainischen Gruppe» und 
zwei Russen erklärten im Mai 1947, sie wollten nicht mit 
den andern nach Argentinien fahren, darunter waren 
Sinski, Salamaj und Bury. Sie wollten kein argentinisches 
Visum. Sie hatten Kanada im Visier.“ Dort lebten bereits 
viele Emigranten, gerade auch aus Galizien. 
Die liechtensteinische Polizei, enerviert, beantragte 
der Regierung am 5. Mai 1947, allen Internierten, die 
nicht nach Argentinien gehen wollten, solle schriftlich 
Michael Sinski, Mai 1947. 
Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 116, 2017 
  
erklärt werden, «dass sie, noch bevor die Abreise nach 
Argentinien stattfindet, nach Österreich ausgeschafft 
werden». 
Noch hatten 16 Internierte kein Visum, darunter neun 
Ukrainer, die «zusammen nach Kanada fahren» wollten, 
wiederum einschliesslich Sinski, Salamaj und Bury. Im 
Auftrag der Regierung erklárte Polizeichef Brunhart am 
19. Mai 1947 jenen Internierten, die nicht nach Argenti- 
nien fahren wollten, dass die Regierung sie nicht weiter 
im Land dulden werde, sie hátten vom heutigen Tag an 
kein Asylrecht mehr in Liechtenstein. Sie würden in 
náchster Zeit dorthin befórdert, wo sie hergekommen 
seien, falls sie bis dahin nicht eine andere Ausreisemóg- 
lichkeit gefunden hätten.“ 
Ein paar Tage darauf, am 22. Mai, wies die Regierung 
die Polizei weiter an, jenen Internierten, die noch nicht 
auszureisen gedachten, mündlich klarzustellen, dass 
«eine weitere Duldung nicht mehr in Frage komme». Wer 
sich nicht um ein Visum bemühe, würde in nächster Zeit 
«ausgeschafft», das Lager werde zum Zeitpunkt der 
Abreise der Internierten nach Argentinien aufgelassen." 
Jetzt wurde es gefährlich. Ausweisung nach Vorarlberg 
drohte, dann Repatriierung. 
Indes waren die Ukrainer nicht untátig geblieben. In 
der Tat erhielten 23 ukrainische Internierte in Liechten- 
stein am 23. Mai 1947 vom «Ukrainian Canadian Com- 
mittee» von Winnipeg in Kanada «Affidavits and Gua- 
rantees of Support and Employment», darunter auch für 
Sinski, Salamaj und Bury. Als Grund für die Wahl von 
Kanada als Emigrationsland stand bei ihnen wie bei etli- 
chen andern: «No other hope», bei andern auch «Employ- 
ment». Je eine in Winnipeg lebende Einzelperson erklàrte 
sich so bereit, einen der Emigranten aufzunehmen und 
für ihn zu sorgen. Etlichen war bereits eine Arbeitsstelle 
zugesagt.^? 
Die Ukrainer waren auch mit dem «Central Ukrainian 
Relief Bureau» in London und dessen Direktor Gordon 
R. Bohdan Panchuk in Verbindung getreten, iiber ihn 
42  LILA RF 230/043 1/1-11. 
43 Geiger /Schlapp: Russen in Liechtenstein, S. 176, 180 Anm. a, 183. 
44  LILA RF 230/043 o/1-92. 
45  LILA RF 230/043 t/35. 
46  LILA RF 230/043 t/63. 
47  LILA RF 230/043 t/1-91. 
48  LILA RF 230/043 p/58. 
105
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.