Volltext: Jahrbuch (2014) (113)

100 Schild Heinz: Liechtenstein wurde am Perron stehen gelassen 
kurzfristig zurückgezogen – wie es offiziell hiess «behufs Aktenvervollständigung». Es müsse noch ermittelt wer- den, wie viel Verkehr durch die angestrebte internatio- nale Verbindung Bregenz-Feldkirch-Schaan-Landquart (-Chur) der SBB-Rheintallinie St. Margrethen-Chur ent- zogen werde.27 Statt einer Zustimmung zur Vorlage, wie das Eisen- bahndepartement zuerst entschieden hatte, wurde auf den 29. August 1907 eine Besichtigung der geplanten Bahnlinie angesetzt. An dieser «kommissionellen Be- gehung» nahmen unter Führung von Bundesrat Josef Zemp insgesamt 32 Personen teil, darunter SBB-General- direktor Plazid Weissenbach, Vertreter der Eisenbahn- kommissionen sowie der Kantone Graubünden und 
St. Gallen und natürlich die Konzessionsbewerber.28 Aus heutiger Sicht besonders brisant: Es brauchte die Inter- vention des österreichischen Gesandten in Bern, um zu erreichen, dass das Eisenbahndepartement für diesen wichtigen Augenschein nachträglich auch die Repräsen- tanten des Fürstentums Liechtenstein einlud (vgl. das un- tenstehende Programm).29 Im Mittelpunkt dieser Begehung stand Bundesrat Jo- sef Zemp. Er sollte sich vor Ort über die Konkurrenz-Si- tuation SBB-RhB durch die Bundesbahn-Vertreter über- zeugen 
lassen. Ein bundesrätlicher Rückzug Kein halbes Jahr nach der positiven Beurteilung des Konzessionsgesuches erfolgte die offizielle Kehrtwende in Bern. Mit welch harten Bandagen gekämpft wurde, legen das von den SBB verfasste Gutachten und die Ver- nehmlassungsantwort 
dar: «Der vom Ausland herkommende Reisende, der nach Ragaz, Landquart, Davos, St. Moritz etc. will, wird unzweifelhaft die direkten Wagen der Rhätischen Bahn benützen, welche Verwal- tung solche Wagen wohl schon von der Betriebseröffnung an in Schaan bereit stellen würde; ebenso in umgekehrter Richtung».30 Komme hinzu, dass dann «alle internationalen Schnell- züge in Schaan anhalten müssen». Zur Wahrung ihrer berechtigten und ganz erheblichen Interessen gebe es «kein anderes wirksameres Mittel, als die Verweigerung der Konzession für eine Linie Landquart-Schaan».31 In der überarbeiteten Botschaft des Bundesrates vom 19. November 1907 an das Parlament hiess es nun: «Aus den sehr einlässlichen Erhebungen der Generaldirek- tion der Schweizerischen Bundesbahnen geht hervor, dass die projektierte Linie in erheblichem Masse auch dem Durchgangs- verkehr zu dienen bestimmt wäre. Der infolge dieser Konkurrenz sich ergebende Einnahmenausfall wird von der Generaldirektion auf das Jahr 1910 berechnet und auf Fr. 460 000 angegeben . . . Wenn wir mit Botschaft vom 16. April 1907 die Erteilung der Konzession beantragt haben, so geschah es hauptsächlich aus dem Grunde, weil wir dem Charakter der projektierten Linie Schaan-Landquart hauptsächlich lokalen Charakter beimassen und weil die Gemeinden Landquart, Jenins, Maienfeld, Ragaz und Fläsch ein Interesse an der Verwirklichung dieses Projektes 
Programm der Augenscheins-Reise der Eisenbahnkommission der beiden Räte betr. Landquart-Landesgrenze 
(-Schaan) Mittwoch, den 28. August 1907 5.13 Uhr Zürich ab 8.16 Uhr Eintreffen in Ragaz, Hotel 
Quellenhof Donnerstag, den 29. August 1907 Morgens Fahrt per Wagen von Ragaz nach Landquart und über die Tardisbrücke, retour über Maienfeld nach Fläsch. 10 Uhr ca. Ankunft in Fläsch, dort kleiner Imbiss. Von Fläsch um das Ellenhorn [sic] bis Balzers zu Fuss. Von Balzers per Wagen über Vaduz nach Schaan und retour nach Vaduz. 2 Uhr ca. Ankunft in Vaduz. Mittagessen in Vaduz und Schluss des Augenscheines. Die Fürstlich Liechtensteinische Regierung wird vertre- ten durch: 1. Karl von In der Maur, Chef der fürstlichen Regierung 2. Ingenieur Gabriel Hiener, fürstlicher Landes- 3. techniker 3. Dr. Albert Schädler, Obmann des Initiativkomitees 3. für die Bahn Landesgrenze-Schaan und Vorsitzender 3. des Liechtensteinischen Landesausschusses 4. Realitätenbesitzer und Ingenieur Karl Schädler, Mit- 3. glied des Initiativkomitees
	        

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