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ausmachen. Schliesslich werden die Ablagerungen des südlichen (adriatischen) Kontinentalrands beschrieben («Lechtal-Decke»), wobei im Raum Liechtenstein die jüngsten Sedimentgesteine dieses Bereichs aus der obe- ren Trias stammen, also die Entwicklung während der Tethyszeit in Liechtenstein nicht dokumentiert ist. In eigenständigen, vertiefenden Kapiteln werden aus- gewählte spezifische Gesteine und Gesteinsstrukturen abgehandelt, so zum Beispiel Schlammströme («Turbi- dite»), häufige Phänomene an Kontinentalabhängen mit instabiler Sedimentauflage, die eine charakteristische Gesteinsabfolge mit ebenso charakteristischen Sediment- strukturen hinterlassen. Den Abschluss des Buches nimmt die jüngste Ge- schichte der Region ein, die letztlich das heutige Land- schaftsbild prägt. Die eiszeitlichen Gletscherbewegun- gen, die Bildung des Rheintalsees, der erst vor (geolo- gisch) kurzer Zeit verschwunden ist, der Bergsturz von Triesenberg und schliesslich das, was unsere Landschaft heute noch prägt: Naturgefahren wie Rutschungen, Sackungen und Rüfen. Verzichtet wurde einzig auf eine Darstellung dessen, welche Ressourcen («Boden- schätze») unser Land bietet: Neben den hochwertigen Alluvialkiesen der Rheinebene sind dies vor allem un- sere Grundwasservorkommen. Ein Glossar, in dem die wichtigsten geologischen Begriffe kurz erläutert werden, schliesst das Buch
ab. Kritik Daniel Miescher legt mit seinem Buch «Geologie Liech- tensteins» ein längst überfälliges Kompendium der Geo- logie Liechtensteins vor. Er versucht nicht, einen Kom- promiss zwischen, häufig auch von heftigen Diskursen geprägter, wissenschaftlicher Tiefe und populärer Wis- sensvermittlung zu finden. Mit seinem Buch spricht er eine möglichst breite, geologisch interessierte Leserschaft an. Das Buch gibt dieser einen ausgezeichneten Überblick über die in Liechtenstein auftretenden Gesteine. Auf di- daktisch geschickte Weise stellt Daniel Miescher dar, in welchem Kontext deren Bildung steht, welche Prozesse diese so unterschiedlichen Gesteine an ihre heutige Stelle führten und wie sich das Land heute noch bewegt. Daniel Miescher hat sich in seinem Buch auf die Fo- tografie als zentrales Darstellungsmittel abgestützt, die
er wo notwendig mit einer geologischen Interpretation ergänzte. Dadurch wird die Geologie «im Feld» direkt er- lebbar. Das Buchformat und der Schutzumschlag ermög- lichen es auch, das Buch im Rucksack griffbereit mitzu- nehmen. Dass das eine oder andere Bild den Betrachter etwas ratlos zurück lässt, sei ihm verziehen. Ergänzt wer- den diese Fotografien mit anschaulichen Blockbildern und Kartenskizzen, die die grossräumigen Zusammen- hänge anschaulich aufzeigen. Der Textteil mag für Laien ein wenig anspruchsvoll geschrieben sein. Das liegt jedoch daran, dass der Autor eine Flut von nicht alltäglichen Fachbegriffen verwendet. Hier wäre eine grössere Zurückhaltung wünschenswert gewesen. Gesamthaft gesehen ist es ein überzeugend geschrie- benes und ausgezeichnet illustriertes Buch zu einem Thema, das jedem täglich vor den Augen steht, wobei man sich wahrscheinlich kaum bewusst ist, welche span- nende Geschichte sich dahinter versteckt. Fachleuten bietet es einen übersichtlichen Einstieg in den geologi- schen Bau Liechtensteins. Die Forschung über die Tiefenstruktur Liechtensteins wird weitergeführt. Ich möchte hier nur an die jüngsten Erkundungen einer möglichen Nutzung der Geothermie erwähnen. Vielleicht hilft dieses Buch, bei der Bevölke- rung Verständnis für die Schwierigkeiten zu hinterlas- sen, wie komplex diese Forschung eben sein kann. Lö- sungen sind nicht innert weniger Wochen oder Monate zu finden. Das hat ja schon die Erforschungsgeschichte der Geologie Liechtensteins gezeigt. Anschrift des Autors Dr. Peter Kindle, Viktoriastrasse 49, CH-8050
Zürich Bildnachweis S. 115: Silvia Ruppen, Landstrasse 73, FL-Vaduz