Volltext: Jahrbuch (2014) (113)

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Schweizer Politikgeschichte seit 1848 Die Schweiz kennt seit dem 19. Jahrhundert politische Parteien. Eine davon ist die heutige «Christlichdemokra- tische Volkspartei», kurz als CVP bekannt, ehemals «Ka- tholisch-Konservative». Deren Geschichte seit 1848 bis zur Gegenwart legt Urs Altermatt in einem Essayband vor, knapp, dicht, leicht lesbar, spannend, Geschichte und Aktualität verbindend. Dazu passt der Name des Verlags «hier+jetzt». Altermatt, bis zur Emeritierung 2010 Professor an der Universität Freiburg (Schweiz), darf als Altmeister der schweizerischen Politikgeschichte gel- ten. Er zeigt, welche Rollen die CVP (und ihre Vorgän- gerinnen) im Laufe von über eineinhalb Jahrhunderten eingenommen hat oder ihr zugefallen sind – gespiegelt auch in den Namensanpassungen –, warum sie heute in einem «Dilemma» steckt, inwiefern dieses «historisch» begründet ist und was für Alternativen am Horizont ste- hen. Altermatt verortet die CVP geschichtlich «zwischen katholischem Milieu und bürgerlicher Mittepartei». Das klare katholische Milieu gibt es so nicht mehr. Und in der Mitte des aktuellen Parteienspektrums ist die Partei nicht allein – und zugleich profilarm. Neben der CVP treten in Altermatts Buch die weiteren Parteien und politischen Gruppen ins Licht, ebenso vergleichbare Veränderungen und Tendenzen in europäischen 
Ländern. 
Geschichte und Dilemma   der Schweizer CVP AnwendbarauchaufLiechtenstein? PeterGeigerUrsAltermatt:Zwischenkatho- lischemMilieuundbürgerlicher Mittepartei. DashistorischeDilemmader CVP. hier+jetzt,VerlagfürKulturund Geschichte,Baden,2012. 263Seiten. ISBN978-3-039-19-254-0 CHF49.–Warum 
auch für Liechtenstein von Interesse? Die Geschichte politischer Parteien in Liechtenstein ist kürzer, jünger, beginnend erst 1918, mit Ansätzen 1914, Ideen gab es zwar schon 1848. Dennoch ist der Vergleich mit der schweizerischen Entwicklung von Interesse, ge- rade jener mit der CVP. Auch Liechtenstein gehörte zum «katholischen Milieu», zur ländlich-bäuerlichen Gesell- schaft, freilich nicht auf republikanischem, sondern mo- narchischem Verfassungsboden. Die wirtschaftlichen, sozialen und aussenpolitischen Herausforderungen be- trafen – und betreffen – Liechtenstein gleich oder ähn- lich wie die Schweiz. Zugleich kamen von der Schweiz im Vorfeld des Ersten Weltkriegs und besonders seit 1918 die wesentlichen Anregungen für die Parteien. Hier seien Blicke auf Altermatts Thesen zur CVP geworfen und Bemerkungen zur liechtensteinischen Parteienge- schichte 
zwischengefügt. «Bürger zweiter Klasse»   im Bundesstaat nach 1848 Die republikanische Schweiz wurde 1848 als Bundesstaat gegründet, nach dem Sonderbundskrieg zwischen zwei Kantonsgruppen. Gesiegt hatten nach kurzem Waffen- gang, der circa 150 Tote forderte, die radikal-liberalen, evangelischen, zentralstaatlichen Kantone gegen die konservativen, katholischen, föderalistischen Kantone, welche innerhalb des Staatenbundes der Eidgenossen- schaft einen «Sonderbund» gebildet hatten (Luzern, Frei- burg, Wallis, Uri, Schwyz, Zug, Ob- und Nidwalden). Nach 1848 bestimmten jahrzehntelang die Liberalen, auch Freisinnige genannt, den Bundesstaat, während die Sonderbundskantone und Katholiken sich als «Bürger zweiter Klasse» sahen und in «Fundamentalopposition» standen. In den katholischen Stammlanden verteidigten die Katholisch-Konservativen zugleich ihre kantonale «hundertjährige Alleinherrschaft». Der «Kulturkampf» genannte Machtkampf zwischen Katholisch und Evan- gelisch prägte jahrzehntelang die politische Spannung im 19. Jahrhundert auf allen Ebenen. Im Zuge der Indus- trialisierung kam die Arbeiterbewegung hinzu, die So- zialdemokratie, auch sie als Opposition. Da die födera- listische Bundesverfassung den Kantonen viele Rechte beliess und 1874 sowie 1891 das Volk direktdemokra-
	        

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