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Regierung in Prag als souveräner Staat anerkannt. Da- bei wird deutlich, dass die Frage der Bodenreform von der tschechoslowakischen Seite als prioritär betrachtet wurde; die Frage der Anerkennung Liechtensteins war hingegen für Prag
zweitrangig. «Privatisierung» des Adels in der Tschechoslowakei und in Österreich Lothar Höbelt skizziert in seinem Beitrag die Situation des böhmisch-mährischen und österreichischen Adels. Diese hatte sich mit dem Ende Österreich-Ungarns 1918 zum Teil komplett geändert. Die erwähnte Bodenreform in der Tschechoslowakei nahm den adligen Grundbesitzern gut die Hälfte ihrer Latifundien, besonders den Ackerboden, weg. Im republikanischen Österreich, aber auch in der Tschechoslowakei, nahm der Adel nach 1918 – anders als zuvor – kaum noch öffentliche Ämter wahr. Dem Fürsten von Liechtenstein war hingegen die Option verblieben, den Lebensmittelpunkt in «sein» Fürstentum am Alpen- rhein zu verlegen, was er 1938 – die Bedrohung durch den Nationalsozialismus vor Augen – dann auch tat. Österreichische Adlige pflegten in den 1930er Jahren christlich-nationales Gedankengut, einige von ihnen be- wunderten – wenn auch selektiv – Faschismus und Nati- onalsozialismus. Ein Teil der früheren Habsburgerreichs – so auch die Tschechoslowakei – verschwand nach 1945 hinter dem «Eisernen Vorhang», was den Adelsfamilien weitere Enteignung, Ächtung und Vertreibung bescherte. Der Fokus von Betroffenen richtete sich nun vielfach hin in Richtung einer Wertschätzung des «sozialen Kapi- tals». So hielt eine adlige Dame, der die Emigration in den Westen gelang, 1945 fest: «Die Freude über lebende Menschen ist doch so unverhältnismässig grösser als der Kummer über verlorene Sachen, dass man geradezu dankbar sein muss für diese anschauliche Lektion über die Wertlosigkeit allen irdischen Besitzes!» (S.
61) Unerfüllte Hoffnungen auf Rückerstattung von enteignetem Besitz Peter Geiger schildert in seinem ersten von zwei Beiträ- gen im vorliegenden Band die Bemühungen Liechten- steins zur Rückgewinnung und Rettung fürstlicher Güter
Entwicklung im Fürstentum nehmen zu können. Die Bevölkerung hatte sich diese fürstliche Unterstützung auch sehr erhofft. Prinz Karl schrieb im Februar 1920 dem Fürsten: «Die Sehnsucht nach Deinem Geld ist un- ermesslich . . . » (S. 31). Rupert Quaderer listet auf, welche Ausgaben Fürst Johann II. für das Land allein in den Jahren 1920 und 1921 getätigt hatte. Die entsprechende Gesamtsumme überstieg den Betrag von einer Million Franken deut- lich (S. 35). Das Fürstenhaus hatte bereits 1919 deutlich gemacht, dass es ohne Rückgriff auf seine grossen Be- sitzungen in Böhmen und Mähren sowie in Österreich nicht in der Lage wäre, dem Kleinstaat am Alpenrhein finanziell so grosszügig zu helfen. Deshalb wurden in Vaduz und in Wien die Auswirkungen der Bodenreform (und der damit verbundenen Enteignungen des Fürsten- hauses) mit grosser Sorge
beobachtet. Zuerst die Bodenreform, dann die Anerkennung Liechtensteins durch Prag Susanne Keller-Giger zeigt in ihrem Beitrag anhand des fürstlich-liechtensteinischen Guts Schwarzkosteletz auf, wie die Bodenreform in der Tschechoslowakei zur etap- penweisen Enteignung dieses Besitztums führte. Dieser Enteignungsvorgang begann 1919 und endete 1933. Bei der Enteignung dieses Guts, 30 Kilometer südöstlich von Prag gelegen, handelte das tschechoslowakische Land- wirtschaftsministerium im Einklang mit der Regierung in Prag. Die Höhe der Entschädigungssumme für das Fürstenhaus war Gegenstand langwieriger Verhandlun- gen, schliesslich einigte man sich Ende Juni 1933 auf 60 Millionen Kronen. Die Tschechoslowakei bezweifelte, dass Liechtenstein im Ersten Weltkrieg neutral gewesen sei. Das bot der Re- gierung in Prag ein Argument, um dem Kleinstaat am Alpenrhein die staatliche Anerkennung zu verweigern. Liechtenstein wurde als Anhängsel Österreichs bezeich- net, zudem sei der Fürst von Liechtenstein ein «einhei- mischer» Adliger (S. 44), mit riesigen Ländereien in der (ehemaligen) Habsburgermonarchie und einem Sitz in Wien. Er wurde andererseits aber auch als Oberhaupt ei- nes fremden Landes wahrgenommen. Erst 1938, als die Bodenreform und die damit verbundenen Enteignungen abgeschlossen waren, wurde das Fürstentum von der