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nen Themenbereichen dieses Freskos auseinander und kommt zur abschliessenden These: Der von Jupiter unter die Unsterblichen aufgenommene Herkules symbolisiert im Palais Liechtenstein den tugendhaften Fürsten im Allgemeinen und den vom Kaiser in den Vliesorden, in den Geheimen Rat und in den Reichsfürstenstand auf- genommenen Bauherrn Johann Adam I. Andreas von Liechtenstein im Besonderen. Die archivalischen Quel- len belegen, dass die Arbeiten an der Innenausstattung von mehrfachen Wechseln von Plänen und Künstlern bestimmt waren. Die schriftlichen Quellen bestätigen zudem die Mitsprache des Fürsten, seine detaillierten Wünsche zu Themen und Motiven bei der Ausarbeitung des malerischen Programms. Polleross sieht jedoch vor allem die Einflussnahme von Prinzenerziehern, Hofka- plänen oder gebildeten Herrschaftsverwaltern, auch von bestimmten Künstler auf die Ikonografie. 5.
Tomáš Knoz untersucht in seinem umfassenden und fundierten Beitrag die Liechtensteinischen Schlossre- sidenzen im Kontext der mährisch-österreichischen Renaissance und des Manierismus, im ausgehenden 16. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhun- derts (S. 87–135). Er behandelt eine Zeit, in der sich das Bedürfnis der Familie Liechtenstein nach Beibehaltung der Einheit der Familienbesitzungen verstärkte, zugleich auf eine Aufteilung der Rollen der drei Geschwister Karl I., Maximilian und Gundaker von Liechtenstein zielte. Knoz widmet sich insbesondere der Frage nach den Kontexten der architektonischen Gestalt der liech- tensteinischen Schlossresidenzen, nach dem fürstlichen Stil, ob und wie die Schlossresidenzen hinsichtlich ihrer architektonischen und künstlerischen Qualitäten in Zu- sammenhang mit den jeweiligen Repräsentationsbedürf- nissen stehen (vgl. Forschungsansatz von Jiří Kroupa). Der Verfasser richtet den Blick auf den regionalen Kon- text der Architektur, auf das kulturelle Milieu des mäh- rischen und österreichischen Adels und deren Residen- zen, auf zeitgenössische funktionale und stilistische Par- allelitäten. Besondere Beachtung schenkt Knoz der niederöster- reichischen Herrschaft Rabensburg (S. 95–123). Schloss Rabensburg war neben Schloss Butschowitz fürstliche Hauptresidenz des maximilianischen Zweigs der Liech- tensteiner. Anhand von Archivalien und Plänen aus dem Liechtensteinischen Familienarchiv und den Sammlun-
ernannt und residierte seitdem in Prag. Ab 1622 war er Statthalter in den Böhmischen Ländern und benö- tigte nun einen seiner Stellung gemässen grösseren Sitz. Hierzu musste er Raum schaffen, kaufte diverse Adels- und Bürgerhäuser, nahezu die gesamte östliche Seite des Kleinseitner Platzes. Die Gebäude liess er für sein mo- numentales Palais teils abreissen, weitere teils umbauen und seinem Palais einen Garten anfügen. Anhand von bisher nicht ausgewerteten schriftlichen Quellen im Pra- ger Nationalarchiv erstellt die Kunsthistorikerin einen Überblick über die Baugeschichte von Palais und Garten und die involvierten Personen zwischen 1622 und 1624, dem Todesjahr des Fürsten. Die geplante Ausschmü- ckung des Palastes entsprechend den ursprünglichen Plänen fand keine Fortsetzung mehr. Im Lauf der folgen- den Jahrzehnte verlor das Prager Palais zu Gunsten der mährischen Residenzen der Liechtenstein an Bedeutung. 4.
Friedrich Polleroß befasst sich unter Einbeziehung neuer Erkenntnisse mit Architektur, Ikonografie und Konzept des Palais Liechtenstein in der Rossau: «Della virtù e della grandezza» (S. 57–85). Fürst Johann Adam I. Andreas von Liechtenstein lies ab 1691 einen Palazzo in Villa, einen repräsentativen Palastbau in der Rossau, da- mals vor den Toren Wiens, errichten. Die Vorliebe für italienische Künstler brachte den Fürsten, der zunächst den Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach beschäftigt hatte, bald in Kontakt zu Domenico Egidio Rossi, dessen Konzept ab 1692 von Architekt Domenico Martinelli fortgesetzt wurde. Das Ergebnis war ein reprä- sentatives, streng gegliedertes Gebäude von stilistischer Geschlossenheit, eine palazzoartige Stadtvilla im römi- schen Stil, ein «Stadtpalast im Grünen» (Hellmut Lorenz), eine «kühne Utopie einer fürstlichen Landresidenz mit Garten, Kirche und einer Siedlung für die Ackerbürger» (Johann Kräftner). Einer der Schwerpunkt des umfassenden und detail- reichen Beitrags stellt das Interieur des Palais Liechten- stein, unter besonderer Berücksichtigung des mythologi- schen Programms, dar. Den Höhe- und Endpunkt eines in den Treppenhäusern vorgezeigten Tugendwegs des Salzburger Malers Johann Michael Rottmayr bildet das von Andrea Pozzo, einem Meister des römischen Barock, ab 1704 ausgeführte Deckenfresko mit der Krönung des Tugendhelden Herkules durch Jupiter im Herkules- saal. Polleroß setzt sich ausführlich mit den verschiede-