Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

87 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112, 
2013lender 
mit der Tageszählung von 1 bis 31, sondern der etwas komplizierter anmutende römische Kalender mit Kalenden 
(kl) Nonen 
(no) und Iden 
(id).75 Die Kalenden bezeichnen jeweils den ersten Tag des Monats. In un- serem Jahrzeitbuch wird dieser Tag mit roten Majuskeln speziell hervorgehoben und der Name des Monats bei- gegeben (z.B. 
KL Augustus).76 Die Nonen fallen im März, Mai, Juli und Oktober auf den 7., in den übrigen Mo- naten auf den 5. Tag. Die Iden fallen auf den 15. bezie- hungsweise 13. Tag des Monats. Die Zählung der Tage erfolgt jeweils rückwärts, wobei der Ausgangstag mit- gezählt wird. Der 5. August trägt im Jahrzeitbuch von Eschen beispielsweise die Zählung 
nonas, der 4. August demnach die Zählung 
II no, der 3. August 
III no. Nach 
In den klösterlichen Nekrologien waren die Namen der verstorbenen Konventualen bereits seit dem Frühmittel- alter in Kalenderform aufgezeichnet worden, damit man ihr jährliches Andenken begehen konnte. Die Jahrzeit- bücher entwickelten sich aus den Nekrologien heraus und übernahmen deren Aufbau und Einrichtung.71 Ge- genüber dem Nekrologium hatte ein Jahrzeitbuch aller- dings erweiterte Funktionen zu erfüllen. Das nekrolo- gische Totengedenken der Mönche und Nonnen bein- haltete grundsätzlich keine individuellen Messfeiern für einzelne Verstorbene. Im Rahmen des gemeinsamen Ge- denkens an alle am gleichen Kalendertag verstorbenen waren die Fürbitten innerhalb der Klostergemeinschaft dafür selbstverständlich und kostenlos. Eine ‹Grundver- sicherung› für das Jenseits war den Klosterleuten gewiss.72 Nur wer ein zusätzliches Totengedenken in Form von Jahrzeitmessen wünschte, musste dafür eine finanzielle Gegenleistung erbringen, etwa so wie der St. Galler Abt Werinher im 12. oder Probst Burkhart im 13. Jahrhun- dert, deren Gedächtnisse aus den Erträgen des Hofs Eschen finanziert wurden. Individuelle Gedenkleistungen für Laien, wie wir sie im Jahrzeitbuch von Eschen finden, mussten individu- ell finanziert werden. Es galt nämlich durchaus nicht als Aufgabe der ganzen Gemeinde, einen Priester zu unterhalten, nur um «die Seelen derjenigen zu retten, die zu Lebzeiten versäumt hatten, das Nötige zu tun.»73 Die privat finanzierten Stiftmessen ‹gehörten› demnach dem Stifter und waren nach seiner Intention zu feiern. Diesem Umstand mussten die Jahrzeitbücher Rechnung tragen. In sie wurden nicht nur Personennamen einge- tragen, sondern bisweilen ganze Verträge.74 Neben dem Namen des Stifters mussten auch das Stiftungsgut samt jährlicher Ausschüttung (im Interesse der Kirche) sowie der Stiftungszweck und gegebenenfalls noch nähere Aus- führungsbestimmungen (im Interesse des Stifters) festge- halten werden. Nicht nur die Namen der Verstorbenen, sondern auch die von ihnen bestellten Fürbitten sowie die Einkünfte der Kirche sollten in Erinnerung bleiben. Natürlich musste auch der Zeitpunkt festgelegt wer- den, an dem das Gedächtnis gefeiert werden sollte. Für die effiziente Verwaltung der Gedenktermine hatte sich die Kalenderform bewährt. Das Grundgerüst, das dem Eschner Jahrzeitbuch (und auch anderen mittelalter- lichen Nekrologien und Jahrzeitbüchern) zugrunde liegt, ist zunächst allerdings nicht unser heute geläufiger 
Ka- 
Die Erinnerung terminieren60 LUB I,2, S. 326. – Vgl. ebenda, S. 352, Eintrag zum 16. September. 61  «Item 
Růdin Kremel vnd Els Grawin vxor eius vnd iro kind 
�llý, die hond gelon an ir iarzitt durch iro sell hail willen vj s. dn. ab der hoffstatt, da er vff gesessen ist, [...] da sol werden sant Martin j s. dn., vnd viij dn. aim kirchherren, der ir baider sol an der kanczel gedenken, vnd aim 
m�sner iiij dn., der die priester ze grab wisy mit dem wichroch; vnd iiij s. dn. 
geh�rrent dem kirchherren, der sol zwo messan haben mit dingt, daz die priester die ainen mess sond sigen von den selan, vnd vor den messan sond sy sigen ain vigil vnd nauch den messan mit dem placebo �ber irry grab gon, vnd sol ain kircher dem priester, der im hilfft, geben den imbis vnd j s. dn. Vnd [...] sol man daz iarzit begon am n�chsten mentag vor sant Laurenzen tag.» LUB I,2, S. 344. 62  Vgl. dazu zum Beispiel Wegmann, Weg, S. 86–98. – Fuhrmann, Kirche, S. 76 f. 63 Gregor der Grosse, Homiliarum in Evangelia 37. 64 Entgegen Othenin-Girard, Lebensweise, S. 36. 65 LUB 1,2, S. 330. 66 Ebenda, S. 340, Eintrag zum 13. Juli. 67 Vgl. dazu Hattenauer, Recht. 68  Auch die Legenda aurea (S. 848) nennt unter den Hilfen, welche die Verstorbenen besonders gut zu trösten vermochten, die Für- sprache der Heiligen ausdrücklich. 69 Vgl. Hug, Jahrzeitbücher, S. 109. 70  Zur teilweise prekären ökonomischen Situation von Hilfspries- tern (Altaristen) im Mittelalter vgl. zum Beispiel Liermann, Hand- buch, S. 111–114. 71  Gamper, Gestaltung. Zur Inhaltlichen Entwicklung vgl. Hugener, Necrolog. 72  Die Aussicht auf ein wirkungsvolles Totengedenken gab für viele Männer und Frauen den Ausschlag, in ein bestimmtes Kloster einzutreten. Vgl. Neiske, Defunctis. 73 Fuhrmann, Kirche, S. 77. 74  Zur rechtlichen Funktion von Jahrzeitbüchern vgl. zum Beispiel Schuler, Anniversar, S. 88. – Othenin-Girard, Lebensweise, S. 33. – Hug, Jahrzeitbücher, S. 103–109. 75  Vgl. dazu bereits LUB I,2, S. 377 f. Zum Kalender allgemein vgl. Grotefend, Taschenbuch, S. 1–28. 76 Vgl. die Abb. auf den S. 88 und 90–91 in diesem Buch. Kapitel_2_Kuratli.indd   8711.06.13   15:44
	        

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