7 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112,
2013
An der 112. Jahresversammlung des Historischen Ver- eins für das Fürstentum Liechtenstein stellte Doro- thee Platz Forschungsergebnisse vor, die sie bei einer Auswertung von Verhörtagsprotokollen der Jahre 1692 bis 1718 gewonnen hatte. Dorothee Platz, Leiterin des Fachbereichs Sammlungen und Reprographie im Landesarchiv in Vaduz, gewährte an der erwähnten Jahresversammlung vom 6. April 2013 vertiefte Einblicke in diese Archivquellen. Verhörtagsprotokolle geben Kenntnisse über verübte Straftaten unserer Vorfahren und auch darüber, wie diese Vergehen geahndet und bestraft wurden. Der genannte Vortrag bildete die Grundlage für einen entsprechenden Aufsatz im vorlie- genden Jahrbuch. Jakob Kuratli Hüeblin, Amtsleiter-Stellvertreter am Stiftsarchiv in St. Gallen, hatte im April 2011 in den Esch- ner Pfrundbauten einen Vortrag über das Jahrzeitbuch der Pfarrei Eschen gehalten. Sein Vortrag liegt dem Jahr- buch-Beitrag zugrunde, der dem Aufsatz von Dorothee Platz folgt. Bevor Jakob Kuratli Hüeblin das Jahrzeitbuch vorstellt, widmet er sich dem Thema der Vorsorge für das Seelenheil, wie sie die katholische Kirche im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat. Die Vorstellung, dass sich der Mensch mit guten Werken einen Platz im Him- mel sichert, ist sehr alt. Da jedoch der Mensch auch ein Sünder ist, sollte er (respektive seine Seele) nach dem Tod die Gelegenheit erhalten, an einem Reinigungsort – dem Fegefeuer – seine Fehler wieder gut zu machen. Mit Gebeten könne aber den Verstorbenen dabei geholfen werden. Die Angehörigen widmeten ihren Verstorbenen deshalb Stiftmessen, die in ein Jahrzeitbuch eingetragen wurden. Pfarrer Kaspar Ammann, der das Eschner Jahr- zeitbuch um 1440 anlegte, ergriff auch die Initiative zum Bau einer neuen Pfarrkirche in Eschen. Für Stiftmessen bezahlte Gelder halfen, diesen Bau zu finanzieren. Klaus Biedermann lieferte für das Jahrbuch einen Bei- trag über das Schicksal von Mägden und Knechten aus Liechtenstein, die – besonders im 19. Jahrhundert – auf Arbeit in Oberschwaben und in Vorarlberg waren. Diese Personen entstammten grösstenteils ärmeren Hinter- sassen-Familien, die über keine Bürger- und Nutzungs- rechte in ihren Heimatgemeinden verfügten. Deshalb waren ihre Angehörigen oft gezwungen, als Knechte und als Mägde oder aber als Fabrikarbeiter tätig zu sein, zu vielfach schlechten Bedingungen. Dieser Beitrag ist eine Ergänzung zu Klaus Biedermanns 2012 publizierter
Stu-
Zu diesem Jahrbuchdie über Einbürgerungen in Liechtenstein im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Ludovic Marock, der bereits im Jahrbuch Band 107 über die Geschichte der fürstlich-liechtensteinischen An- tikensammlung berichtete, verfasste für das vorliegende Jahrbuch einen Nachtrag dazu. Inzwischen ist nämlich diese Antikensammlung – die besonders von Fürst Jo- hann II. gepflegt worden war – fast vollständig verkauft worden. Jürgen Schremser befasst sich in seinem Beitrag «I like Gerard» oder «Freddy for ever» mit der Auf- bruchsstimmung in der Zeit um 1968, die auch Liech- tenstein erreicht hatte. Im Kontext dazu stehen der ein neues Lebensgefühl verkörpernde Bau des Liechtenstei- nischen Gymnasiums sowie das damals einsetzende En- gagement für die Einführung des Frauenstimmrechts. Als Nachklang zum letztjährigen Briefmarkenjubi- läum berichtet Peter Geiger über das «Liechtensteiner Briefmarkenjahrhundert 1912 bis 2012», die vorgestell- ten Briefmarken seien ein eindrucksvoller «Spiegel der Zeit». Die Briefmarken Liechtensteins stellen in der Tat eine bunte und thematisch vielseitige 100-jährige Chro- nik des Landes dar. Anschliessend an diese Beiträge folgen mehrere Buchbesprechungen. Das Jahrbuch schliesst traditionsge- mäss mit den Jahresberichten des Historischen Vereins und des Liechtensteinischen Landesmuseums. Allen Au- torinnen und Autoren möchten wir für ihre wertvollen Beiträge unseren herzlichen Dank aussprechen. Guido Wolfinger, Vorsitzender des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein Klaus Biedermann, Redaktor des Jahrbuchs des Historischen Vereins