Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

74Kuratli Hüeblin Jakob: Das Jahrzeitbuch von 
Eschen 
Fegefeuer und Totengedenkenreichen Mann und vom armen Lazarus: Lazarus wird so- gleich nach seinem Tod von den Engeln in «Abrahams Schoss» getragen; der reiche Mann dagegen findet sich in der «Unterwelt»17 wieder, wo er qualvolle Schmerzen erleidet. An einer anderen Stelle (Lk. 23,39–43) bezeugt Lukas, wie Jesus am Kreuz dem reuigen Schächer, der ihn um ein gutes Andenken bittet, verspricht: «Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.» Beide Lukaszitate waren für das Jenseitsverständ- nis sehr wichtig, denn unabhängig davon, wie die Aus- drücke «Abrahams Schoss», «Paradies» und «Unterwelt» verstanden wurden,18 so war dennoch klar, dass bei Lukas die Verstorbenen nicht bis ans Ende aller Zeiten warten mussten, bis sie ihre Belohnung oder Bestrafung erfuhren. 
Nach Matthäus findet das Gericht über die Menschen am Jüngsten Tag statt, wobei die Zusammengerufenen in zwei Kategorien aufgeteilt werden: Gute und Böse. Bei aller Unmissverständlichkeit liess diese wichtige Bi- belstelle dennoch zwei brennende Fragen offen. Erstens äusserte sie sich nicht darüber, wo sich die Seelen in der Zeitspanne zwischen dem Tod des Einzelnen und dem allgemeinen Gericht am Jüngsten Tag aufhielten. Zwei- tens bereitete aber auch Matthäus’ Gut-Böse-Dualismus Schwierigkeiten. Bei ihm gab es nur weisse Lämmer und schwarze Böcke. Doch wussten die Menschen aus eige- ner Erfahrung, dass es zwischen Schwarz und Weiss un- zählige Schattierungen von Grau gab.16 Eine Sicht auf das Schicksal der Seele unmittelbar nach dem Tod gab der Evangelist Lukas im Beispiel vom Das Jüngste Gericht von Hans Memling, gemalt um 1467 bis 1471. Kapitel_2_Kuratli.indd   7411.06.13   15:44
	        

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