35 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112,
2013gehört
zu haben», wie sich Dritte über Sebastian Haslers Gebaren geäussert hätten. Nachdem auch die genannten Dritten, namentlich Matthäus Meyer aus Triesenberg und Matthäus Öhri aus Mauren ausgesagt hatten, war die Beweislage am 18. November 1699 so erdrückend, dass Sebastian Hasler zu einer Strafzahlung von 100 Gul- den verurteilt wurde.156 Pfarrer Halter zeigte Matthäus Matt an, Abgaben für ein dem Pfarrer gehörendes Weingut in Schellenberg nicht erbracht zu haben und ausserdem die gelesenen Trauben im Ausland keltern gelassen zu haben. Der Be- klagte musste den Weinguteigentümer innerhalb von 14 Tagen entschädigen und ausserdem zehn Gulden Strafe zahlen.157 Dieser Fall zeigt, dass wenn Einwohner Mühlen ent- gegen des Mühlenzwangs im Ausland in Anspruch nah- men statt der eigenen inländischen, dies auch als Abga- benverweigerung gewertet wurde. Gleiches galt auch für die Benutzung fremder Torkel. Auch in solchen Fällen scheinen die Richter Rücksicht auf die sozialen Verhält- nisse der Beklagten genommen zu haben, indem sie ent- sprechend milde Strafen verhängten. Als gleich mehrere Personen vor Gericht standen, weil sie ihr Getreide in der Mühle zu Feldkirch statt in der Herrschaftlichen Mühle mahlen liessen, mussten sie als Strafe nur jeweils einen Gulden zahlen.158 Die Mühle in Feldkirch wurde schein-
Wie bereits dargestellt, sind die Definitionen für Zoll, Steuern und Abgaben im untersuchten Zeitraum ungenau und äusserst dehnbar. Zudem sind die Anklagepunkte in den Verhörtagsprotokollen häufig sehr allgemein ge- halten und dokumentieren lediglich, dass die Beklagten Abgaben zu leisten hätten; allerdings enthalten die Proto- kolle nur in wenigen Fällen auch exakte Informationen, worauf die Beklagten Abgaben zu leisten hatten. So gab es an einem Verhörtag gleich zwei Prozesse, bei denen die Anklagen eher ungenau auf «Nichtablieferung von Abgaben» lauteten. Auch das verhängte Strafmass war in beiden Prozessen dasselbe, nämlich eine Strafzahlung durch jeden Verurteilten in Höhe von 34 und einem Viertel Kreuzern und jeweils ein Tag Strafarbeit.152 Etwas konkreter war der Prozess, in dem Johann Philipp Karrenfierer, der Rentmeister zu Hohenems, als Kläger gegenüber der Landschaft Vaduz auftrat. Zwar lautete die Klage auch ganz allgemein «Ausstehende Abgaben», doch kann man sich aufgrund der beteiligten Parteien konkret etwas darunter vorstellen. Die Land- schaft Vaduz wurde dazu verurteilt, die ausstehenden Abgaben in Form von fünf Pferden, neun Gulden und 40 Kreuzern zu leisten.153 Erstaunlicherweise wurde dieser Prozess an einem Verhörtag in Vaduz gehalten, bei dem Oberamtmann Joseph Anton Rohrer, Amtsschreiber Jo- hann Christoph Anger und Landammann Peter Walser zu Gericht sassen. Mit anderen Worten, kurioserweise mussten die Vertreter der beklagten Landschaft Vaduz über sich selbst richten. Zwar hat sich der Maurer Zehntgänger Sebastian Hasler nichts durch die Verweigerung von Abgaben zu Schulden kommen lassen, doch wurde er offenbar der Unterschlagung überführt. Dieser Prozess kam im Herbst 1699 nicht durch eine Anklage in Gang, sondern durch das Gesuch des Andreas Marxer aus Schaanwald. Er bat die Behörden, ex officio (von Amts wegen) zu un- tersuchen, ob es rechtens sei, dass der Zehntgänger zu Mauren die von den Untertanen geleisteten Abgaben in seinem privaten Hof einlagerte.154 Es scheint also einen Verdacht auf Unterschlagung gegeben zu haben. Dieser Antrag hatte zur Folge, dass an den nächsten Tagen etli- che Zeugen zum Teil mehrfach verhört wurden. Jedoch konnten nicht alle Zeugen mit hilfreichen Aussagen zur Lösung des Falls beitragen. Einige Zeugen, wie beispiels- weise Peter Frick aus Mauren, gaben an, selbst keine Beobachtungen gemacht zu haben,155 «sondern alleinig
139 LI LA AS 1/4, Fol. 189v/1, 5. Oktober 1705. 140 LI LA AS 1/3, Fol. 18r/5, 16. April 1692. 141 Historisches Lexikon der Schweiz, Lemmata Steuern und Zoll. 142 LI LA AS 1/4, Fol. 157v/2 bis Fol. 159v/1, 19. Oktober 1704. 143 LI LA AS 1/4, Fol. 157v/2, 19. Oktober 1704. 144 LI LA AS 1/4, Fol. 157v/5, 19. Oktober 1704. 145 LI LA AS 1/4, Fol. 158r/4, 19. Oktober 1704. 146 Jakob Hannibal Hoop, Bruder von Landweibel Johann Baptist Hoop, 1709 Geschworener in der Herrschaft Schellenberg, vgl. LI LA AS 1/4, Fol. 164r, 11. Dezember 1704, und Fol. 238v, 18. Mai 1705. 147 LI LA AS 1/4, Fol. 160r/3/1, 19. November 1704. 148 LI LA AS 1/4, Fol. 37v/2, 10. Dezember 1707. 149 LI LA AS 1/5, Fol. 68r, 7. Juli 1700. 150 LI LA AS 1/3, Fol. 156r, 12. März 1708. 151 LI LA AS 1/5, Fol. 55r/1, 8. Februar 1700. 152 LI LA AS 1/4, Fol. 59r/1 und Fol. 59r/2, 22. März 1700. 153 LI LA AS 1/3, Fol. 70r, 13. November 1706. 154 LI LA AS 1/4, Fol. 33v 21. Oktober 1699. 155 LI LA AS 1/4, Fol. 34r/2, 23. Oktober 1699. 156 LI LA AS 1/4, Fol. 39v/1, 18. November 1699. 157 LI LA AS 1/4, Fol. 69r/4, 7. Juli 1700. 158 LI LA AS 1/3, Fol. 162r/1, 20. November 1704.