186Rezensionen
chige Ausgabe mit demselben Inhalt wurde ebenfalls 2012 publiziert, und zwar im mährischen
Brünn/Brno. Zum Begriff «Erinnerungsort» Der Begriff «Erinnerungsort» zieht sich wie ein roter Fa- den durch alle zwölf Forschungsbeiträge in diesem Band. Ein Erinnerungsort bezeichnet nicht nur einen geogra- fischen Ort, sondern darüber hinaus auch ein Thema oder ein (kollektives) Bild. Peter Geiger und Tomáš Knoz schreiben dazu im Vorwort: «Er bezeichnet Themen, die in der Geschichte fortwirken, im kollektiven Gedächtnis, in der historischen Überlieferung wie auch in der Ak- tualität bis heute.» (S. 7) Solchen Erinnerungsorten sind auch die ersten beiden Beiträge im vorliegenden Buch gewidmet. Tomáš Knoz erwähnt in seinem Beitrag mehrere Ar- ten des Erwerbs von Familienbesitzungen, konzentriert sich dann aber auf die Wranauer Fürstengruft: Das Ge- schlecht Liechtenstein habe bewusst nicht eine Stadt- pfarrkirche oder eine Schlosskapelle als Bestattungsort ausgesucht, sondern einen Ort in Verbindung mit einem Kloster, wie es der Wallfahrtsort Wranau sei. Da gebe es eine klare Parallele zur habsburgischen Grabstätte, der Kapuzinergruft in Wien. Zudem könne die Wallfahrt zur Jungfrau Maria von Wranau mit einer Wallfahrt zu den Vorfahren des Geschlechts der Liechtenstein verbunden werden. Dies habe auch für die Zeit des Kommunismus (1948–1989) gegolten: «Der sich nach Wranau wendende Wallfahrer bekennt sich mit seiner Pilgerfahrt gleich zu zwei ‹Feinden des Sozialismus›, nämlich zur Kirche und zum Adel.» (S.
27) Rückbesinnung auf das habsburgische Erbe? Catherine Horel aus Paris widmet sich in ihrem Beitrag der Habsburgermonarchie und ihrer Funktion als trans- nationaler Erinnerungsort. Besonders Österreich und – mit Einschränkungen – auch Ungarn würden heute das habsburgische Erbe (wieder) hochhalten, verkörpert zum Beispiel in der besonders in Ungarn sehr beliebten Kaiserin Elisabeth, der Gattin von Kaiser Franz Joseph. Doch gerade Österreich selbst habe sich nach 1918 schwer getan mit der Entwicklung einer neuen
Erinne-
Liechtensteinische Erinnerungsorte in den böhmischen Ländern Eine Publikation der Liechtensteinisch-Tschechischen Historikerkommission Klaus Biedermann Erst im Jahr 2009 nahm Liechtenstein diplomatische Beziehungen mit Tschechien und mit der Slowakei auf. Das gegenseitige Verhältnis zuvor war jahrzehn- telang belastet, da der tschechoslowakische Staat im 20. Jahrhundert umfangreichen Grundbesitz des liech- tensteinischen Fürstenhauses beschlagnahmt hatte. Auch die Tschechische Republik, 1993 geschaffen als ein Nach- folgestaat der Tschechoslowakei, war nicht bereit, da- für eine Entschädigung zu leisten. Nach der erwähnten Aufnahme diplomatischer Beziehungen wurde verein- bart, eine gemeinsame Historikerkommission einzu- setzen. Die unter dem gemeinsamen Vorsitz von Peter Gei- ger (Schaan, Liechtenstein) und Tomáš Knoz (Brünn/ Brno, Tschechien) stehende Kommission nahm im De- zember 2010 ihre Arbeit auf. Die Kommission erhielt den Auftrag, das gegenseitige historische Verhältnis wissen- schaftlich zu untersuchen. Ziel dieser Untersuchungen war es, auf beiden Seiten ein besseres Kennenlernen und Verstehen zu ermöglichen. Erste Resultate dieser Forschungen wurden am 10. und 11. November 2011 an einer wissenschaftlichen Ta- gung in Wranau/Vranov (Tschechien) präsentiert. In Wranau wurden über Jahrhunderte Angehörige des Hauses Liechtenstein bestattet, so zuletzt auch die Fürs- ten Johann II. 1929 und Franz I. 1938. Die erwähnten ersten Forschungsergebnisse sind nun im vorliegenden, 2012 erschienenen Band publiziert. Die Beiträge von tschechischen Historikern wurden für die- sen Band ins Deutsche übersetzt. Eine tschechischspra-
Liechtensteinische Erinne- rungsorte in den böhmischen Ländern. Herausgegeben von der Liechtensteinisch-Tschechischen Historikerkommission. Verlag des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechten- stein. Vaduz, 2012. 247 Seiten. 35 Abbildungen. Broschiert. ISBN 978-3-906393-60-5 CHF 38.–; Euro 30.– Kapitel_7_Rezensionen.indd 18611.06.13 15:49