Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

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sischen Herzogtum Jägerndorf. Ein bedeutender Teil des fürstlich-liechtensteinischen Besitzes stammte somit aus dem Erwerb konfiszierter Rebellengüter – zumal auch Karls Bruder Gundaker solche Güter an sich brachte (Mährisch-Kromau und Ungarisch-Ostra). Teilweise blie- ben diese Güter bis ins 20. Jahrhundert im Besitz des Fürstenhauses, um dann ausgerechnet durch die Enteig- nung im Zuge der tschechoslowakischen Bodenreform beziehungsweise der Beneš-Dekrete verloren zu gehen. Nicht allen Konsorten bescherte das Münzkonsor- tium langfristiges Glück: De Witte war nach 1622 Finan- cier Wallensteins, erlitt aber 1630 Bankrott und beging Selbstmord. Auch Bassevi verlor sein Vermögen und starb 1634 unter ungeklärten Umständen. Wallenstein fiel bei Kaiser Ferdinand II. in Ungnade und wurde 1634 ermordet. Die Folgen Schon im Frühjahr 1622 zeitigte die Münzmanipu- lation und Geldmengenausweitung inflationäre Wir- kungen, die nach Leins mit «nachgerade katastrophalen» sozialen Folgen verbunden waren (S. 144). Deren Be- schreibung und Nachweis bleiben allerdings vage: Die Bevölkerung «soll» Not gelitten haben (S. 144), besonders wegen der Teuerung der Nahrungsmittel. Das «Wirt- schaftsleben» sei zusammengebrochen, die Bevölkerung habe sich vom wertlosen Geld ab- und der «Tauschwirt- schaft» zugewandt. «Ob es gar zu einer katastrophalen Hungersnot kam, kann nicht geklärt werden», heisst es auf S. 145, sei aber zu «vermuten» (S. 149), während schliesslich vom Faktum einer «Wirtschafts-, Gesell- schafts- und Hungerkrise» ausgegangen wird (S. 151). Dies habe «Aufstände» ausgelöst, deren geographische Ausdehnung aber unklar bleibe (S. 145). Dass derartige Auswirkungen in Quellen und Literatur nicht besser fassbar sind, erstaunt zumindest. So kann Leins beigepflichtet werden, wenn er «prä- zisere wirtschaftshistorische Studien» als «freilich not- wendig» erachtet (S. 148). Dabei wäre auch die Frage der Kausalität genauer zu prüfen: Denn neben den von Leins ins Zentrum gerückten monetären Ursachen liegen im Umfeld des Dreissigjährigen Kriegs genügend real- wirtschaftliche Einflussfaktoren vor, die Teuerung und Wirtschaftskrise (mit-)erklären könnten (Zerstörungen, Brandschatzung, Missernten usw.). Zumindest weist Leins selbst auf abweichende Auffassungen hin: Nach 
erhalten und einen Gewinn von 468’000 Gulden einge- strichen haben. De Witte und Bassevi machten somit in absoluten Summen zwar sehr hohe, im Relation zum abgelieferten Silber aber geringe Umsätze und schon fast minimale Gewinne, während Wallenstein und vor allem Liechten- stein im Verhältnis wesentlich stärker profitierten: Of- fenbar erfolgte, so Leins, die Bezahlung nach ständisch- sozialen Kriterien abgestuft. Diese Zahlen werfen viele Fragen auf, «ohne genaue Antworten zu geben», wie Leins auf S. 102 festhält: Wie konnte Liechtenstein mehr Gewinn als Umsatz erzielen? Wie sind die (ausser bei Liechtenstein und Wallenstein) im Verhältnis zum Umsatz geringen Gewinne zu erklä- ren? Eine mögliche Antwort liegt in Leins’ Annahme, dass es sich bei den genannten Gewinnen nur um die «mini- mal belegten und bewiesenen» Zahlen handle, während der «endgültige Reingewinn ... bei rund zwei Millionen oder wahrscheinlich noch viel höher lag» (S. 106 f.) – eine These, die zwar nicht schlüssig belegt werden kann, aber auch von anderen Autoren geteilt 
wird.2 Der Erwerb konfiszierter Rebellengüte Als kaisertreue Katholiken hatten unter anderem Eg- genberg und Liechtenstein während des Ständeaufstands 1619/1620 ihre Güter in Böhmen und Mähren verloren. Nun wurden sie von Ferdinand II. für ihre Treue durch die Schenkung konfiszierter Rebellengüter oder die Möglichkeit zu deren preisgünstigem Erwerb belohnt. Die Gewinne aus dem Münzgeschäft und die durch das Konsortium verursachte Inflation erleichterten ihnen den Kauf zusätzlich. Zudem war Karl von Liechtenstein seit Januar 1622 Vorsitzender des Konfiskationsgerichtshofs. In dieser Funktion entschied er darüber, welche böhmi- schen «Rebellen» enteignet wurden und «um welchen Preis dieses Land sodann an wen weiterverkauft wurde» (S. 112). Die sich ihm hier eröffnenden Möglichkeiten habe Liechtenstein zu seinen und seiner Geschäftspart- ner Gunsten genutzt. Teils durch Schenkung, teils durch Kauf gingen unter anderem folgende Güter an Karl von Liechtenstein über: Schwarzkosteletz, 
Auřinowes und Škworetz, Landskron, Landsberg und Türnau, Mährisch-Trübau, Mährisch- Schönberg und Hohenstadt, die Städte Neustadt und Schönberg sowie die Herrschaften Goldenstein und Ei- senberg. 1622 belehnte ihn der Kaiser mit dem schle- Kapitel_7_Rezensionen.indd   18011.06.13   15:49
	        

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