152Geiger Peter: Liechtensteiner Briefmarkenjahrhundert 1912 bis 2012: Spiegel der
Zeit
rühmte Bild wurde später vom Fürsten 1967 aus Geldnot an die National Gallery of Art in Washington verkauft, dort hängt es bis heute. Die reiche Rahmenornamentik der Marke passte
Troyer der Entstehungszeit des Bildes Ende des 15. Jahrhunderts an, mit Rankenwerk von Spät- gotik und
Renaissance. Früchte des Ackers Landwirtschaft war nach dem Zweiten Weltkrieg nach wie vor Haupt- oder Nebenerwerbs zweig des Grossteils der liechtensteinischen Bevölkerung.
Martin Häusle aus dem nahen Satteins (Vorarlberg) gestaltete 1951 eine entsprechende Serie. Eine seiner Marken zeigt Frauen auf dem Feld, sie graben Kartoffeln, im Unterland auch «Grumbiera» genannt, die wichtigste Ackerfrucht. Häusles Marke
Mädchen mit dem «Tüarggakolba» (Abb. 15) ist ohne Ornamentrahmen, ein solcher hätte, anders als bei Ginevra de‘ Benci, nur
gestört. Pfadfinder, Spor Die Pfadfinder hatte man in Liechtenstein Anfang der 1930er Jahre organisiert und in der NS-Zeit zu einer pa- triotischen Bewegung, welche den Nationalsozialisten im Lande die Jugend vorenthielt, umfunktioniert, nicht
Tausende suchten Einlass nach Liechtenstein und in die Schweiz. Nicht zufällig wurde in jenen Maitagen 1945 das
Liechtensteinische Rote Kreuz (LRK) gegründet, die Für- stin übernahm das Präsidium. In diesem Kontext wurde 1945 eine von
Josef Seger gestaltete Markenserie mit Wohltätigkeitszuschlag herausgegeben. Eine jener Mar- ken zeigt eine
Mutter mit Kindern: Sie bedürfen im Krieg besonders des Schutzes. Josef Seger war Liechtensteiner, tätig in Wien. Er war neben Verling der zweite einheimi- sche Markenkünstler Liechtensteins. 1946 gab es die
vierte Briefmarkenausstellung im Land. Sie gedachte zugleich dankbar des 25-jährigen Postüber- einkommens mit der Schweiz. Den Ausstellungsblock mit der
Postkutsche vor der Balzner Mittagsspitze entwarf
Eu- gen Verling – nostalgischer Blick zurück in eine damals schon vergangene Zeit gemächlicheren
Verkehrs. Fürstliche Sammlung In Vaduz lagerten im Schlossrondell seit 1945 unermess- liche Kunstschätze aus der fürstlichen Galerie in Wien. Sie waren knapp vor dem Kriegsende abenteuerlich hier- her evakuiert worden. Nun begann – nach einer ersten Ausstellung in Luzern – die Verwen dung von Gemälden von Weltrang aus der fürstlichen Sammlung für Brief- marken, vorab von Porträts, so 1949 das Frauenbildnis «Ginevra de‘ Benci» von
Leonardo da Vinci (Abb. 14). Das be- Abb. 14: Leonardo da Vinci, Ginevra de‘ Benci, Rahmen Johannes Troyer, 1949 (links). Abb. 15: Mädchen mit Maiskolben, Martin Häusle, 1951 (Mitte). Abb. 16: Langläufer, Olympische Winterspiele Sapporo, Hans Erni, 1972 (rechts). Kapitel_6_Geiger.indd 15211.06.13 15:48