151 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112,
2013an
«Herrn Paul Baum». Wohin? Nach
«Oswieczim, Gene- ralgouvernement», dies war Auschwitz im deutsch okku- pierten Polen. Aber der Brief kam zurück, mit Stempel vom 12. Januar 1944 und mit dem Aufdruck
«In der hie- sigen Meldekartei nicht zu ermitteln». Paul Baum, Jude, war in Auschwitz bereits ermordet worden – wie sich nach dem Krieg herausstellte. Der Brief kam 1944, als hätte al- les seine Richtigkeit, «Zurück an Absender». Von Schaan abgesandt hatte den Brief Paul Baums Bruder Leopold Baum, der 1938 mit seiner Frau und den Söhnen Fritz und Heinz nach Liechtenstein emigriert war und hier eine Kokosweberei betrieb, erst in Eschen, dann in Schaan. Fritz Baum ist 2012 in Ruggell
gestorben. Liechtensteinisches Rotes Kreuz, vierte Briefmarkenausstellung Liechtenstein blieb vom Krieg verschont, es war davon- gekommen. In den letzten Kriegstagen 1945 war die Situation an der Grenze in Schaanwald-Tisis chaotisch.
lung der Figur in der Troyer-Marke auf, gleichmässig von der Schrift gerahmt. Troyer war aus dem Südtirol nach Innsbruck und dann 1938 nach Liechtenstein ge- kommen, zum Schutz für seine jüdische Frau. Nach dem Krieg zogen sie nach New York, wo Troyer ein gesuchter Buchillustrator
wurde. Brief nach «Oswieczim» Ein
Briefumschlag von 1943 aber (Abb. 13) – aus dem Be- sitz von Fritz Baum, Ruggell, 2011 im Küefer-Martis- Huus in der Ausstellung «Zuflucht auf Raten» gezeigt – ist ein Zeitdokument, das uns zeigt, dass Marken nicht nur Briefe zieren, sondern zugleich Leben und Schick- sale begleiten. Der Briefumschlag führt direkt in den Schrecken des Holocaust. Der Brief wurde, wie der Stem- pel zeigt, am 28. Dezember 1943 in Schaan aufgegeben, eingeschrieben und sauber frankiert – mit einer Zotow- Marke (Traktor), einer Schiestl-Marke (Schloss Vaduz) und zwei Troyer-Marken (Fürst Alois II.) –, adressiert Abb. 13: Brief von Schaan nach Auschwitz, abgesandt am 28. Dezember 1943. Kapitel_6_Geiger.indd 15111.06.13 15:48