Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

138Schremser Jürgen: «I like Gerard» oder «Freddy for 
ever» 
«Meinem Nachbarn schrie ich in die Ohren: ‹Kann man diesen Lärm ertragen?›. Er schrie zurück: ‹Ich möchte mein Ohr an die Tonboxe pressen!›.»92 Kieber räsoniert über das Unverständnis der Erwachse- nen gegenüber dieser neuen Jugend, das sich an Äus- serlichkeiten – Lautstärke der Musik, Make up, lange Haare – festhalte, während doch die «veränderte geistige Einstellung» der Jugendlichen das Entscheidende sei, ihr frühes Selbstbewusstsein und ihre geistige Unabhängig- keit. Die diesbezüglich überforderten traditionellen Ju- gendvereine bezeichnet Kieber als «Verschwörung der ‹Braven› und ‹Guten›.» In einem anderen Volksblatt-Beitrag Anfang 1968 rezensiert der freie Mitarbeiter Norbert Jansen eine Südwestfunk-Dokumentation des Deutschen Fernse- hens. Er sieht in der Beschreibung Liechtensteins das Klischee vom Alpenländchen erfüllt und amüsiert sich darüber: «Und wie schockiert werden sie [die Touristen, d. Verf.] sein, wenn in den Lokalen statt Zither und Mundharmonika eine Beatband aufspielt.»93 
linge werden selber mit E-Gitarren und Verstärkern laut und treten als Beatbands in Gast- und Schulhäusern auf oder begleiten Hochzeiten und Non-Stop-Tanzabende im Schaaner Vereinshaus.88 Ein beliebter Treffpunkt der kleinen, aber betriebsamen Freizeit-Beatszene Liechten- steins ist der Keller des Vaduzer Café Wolf. 
89 Dort treten Lokalbands wie «The Four Cormycs» oder «The Chains» mit ihrer «Tanzmusik» auf, aber auch international er- folgreiche Formationen wie die deutschen «The Lords».90 Die Fangemeinden pilgern in einem Umkreis von Zü- rich bis Lindau nach Vaduz und erhöhen für kurze Zeit den Anteil an Langhaarigen, Minirock-Trägerinnen und «Flower Children» im Städtli. Georg Kieber, damals freier Mitarbeiter bei der FBP- Parteizeitung «Liechtensteiner Volksblatt» beginnt sei- nen Beitrag zum Generationenkonflikt im Januar 196891 mit der Wahrnehmung «harter Beatmusik», die aus einem «ehemaligen Kuh- und Schweinestall» dröhnt. Die Unterkunft diente als Probenlokal und sprichwörtlicher Tanzschuppen für 14- bis 17jährige Mädchen und Jungen. Der 22jährige Kieber mischte sich unter die noch Jün- geren und notiert: Das Café Wolf im Vaduzer Städtli, um 1970, Szenetreff in Liechtenstein. Kapitel_5_Schremser.indd   13811.06.13   15:47
	        

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