Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

125 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112, 2013rung 
und jenem von Dr. Otto Schädler als VU-Parteipräsident Platz für einen Wechsel gemacht. 5  Rudi Dutschke (1940–1979), seit Mitte der 1960er Jahre einer der Wortführer und Vordenker der studentischen Protestbewegung in der BRD und der daraus entstandenen ausserparlamentari- schen Opposition (APO). Am 11. April 1968 wurde Dutschke auf offener Strasse in Berlin von dem 23-jährigen Arbeiter Josef Er- win Bachmann niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt. 6  Sievers, Rudolf (Hg.): 1968 – Eine Enzyklopädie. Frankfurt, 2004, S. 155–160. 7  Mitteilung Norbert Jansen, 17. September 2009. Die «Springer- Presse», insbesondere die Bild-Zeitung und deren Hetzkampagne gegen linksgerichtete Studenten, wurde von den Protestierenden für das Attentat auf Rudi Dutschke verantwortlich gemacht. 8  Pfadfinderinnen und Pfadfinder Vaduz (Hg.): 75 Jahre Pfadfin- derinnen und Pfadfinder Vaduz 1932–2007. Vaduz, 2007, S. 109. Kurzbeleg: Pfadfinderinnen 2007. Mitteilung Norbert Jansen, 17. September 2009. 9  Archiv der Pfadfinderinnen und Pfadfinder Vaduz: Unterhal- tungsabende 1957–1969 (Typoskripte und handschriftliche No- tizen): Unterhaltungsabend 1968 (Typoskript). Kurzbeleg: Archiv PPV. Siehe auch Pfadfinderinnen 2007, S. 109. 10  Der Darsteller Josef Biedermann war damals Stammspieler des Kabarett Kaktus (1964–1970), dem noch Hansrudi Sele, Hermann Hassler und Alois Büchel als Textautor, sowie bei einzelnen Pro- grammen Christl Haas, Hermi Kindle, Sissi Hilti und Susanna Kranz angehörten. 11  Einen bemerkenswerten Kontrapunkt setzen hier seit 2009 die Herausgeber Norbert Haas, Vreni Haas und Hansjörg Quade- rer mit ihrem Robert Altmann-Projekt, einer kulturhistorischen Dokumentation, die dem Mäzen, Sammler und Künstler Robert Altmann (* 1915) und dessen kulturellem Wirken in Liechtenstein gewidmet ist. 12  So bei Merki, Christoph Maria: Wirtschaftswunder Liechtenstein. Die rasche Modernisierung einer kleinen Volkswirtschaft im 20. Jahrhundert. Vaduz, Zürich, 2007. 13  Heeb-Fleck, Claudia; Marxer, Veronika: Die liechtensteinische Migrationspolitik im Spannungsfeld nationalstaatlicher Interes- sen und internationaler Einbindung 1945-1981. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein Bd. 101. Vaduz, 2002, S. 153–184. Kurzbeleg: JBL 101 (Band)/2002 (Jahr).  Marxer, Wilfried: Zensur im Gebiet des heutigen Fürstentums Liechtenstein. Bestimmungen, Massnahmen, Einflüsse. In: JBL 104/2005, S. 137–174.  Sochin, Martina: «Bestünde diese Schule nicht, müsste sie ge- schaffen werden.» Die Höhere Töchterschule St. Elisabeth in Schaan von 1946–1973. In: JBL 107/2008, S. 1–70.  Schremser, Jürgen: Was wird hier gespielt? Zwei Exkurse zum «Volkstheater» in Liechtenstein. In: Halter, Ernst et al. (Hg.): Volkstheater in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. Zürich, 2000, S. 209–216. Kurzbeleg: Schremser 2000. 14  Marxer, Veronika: Zur Einführung des Frauenstimmrechts in Liechtenstein. Ein Sittengemälde. In: Frauenprojekt Liechtenstein (Hg.): Inventur. Zur Situation der Frauen in Liechtenstein. Bern, Dortmund, 1994, S. 169–209. Kurzbeleg: Marxer 
1994. 
beitrags zu Tage gefördert worden. Sie blieben bisher der persönlichen, allenfalls der durch Vereine gepflegten Erinnerung vorbehalten. Kultur- und mentalitätshisto- rischer Forschungsgegenstand ist die Phase der 1960er Jahre in Liechtenstein bislang noch kaum. Erst recht ist die Erkundung der kulturellen Veränderungen un- ter dem Stichwort «1968» für Liechtenstein weitgehend Neuland. Sowohl für das öffentliche kulturelle Gedächt- nis des Landes als auch für die historische Forschung.11 Nach wie vor dominiert bei der öffentlichen und wis- senschaftlichen Erzählung der liechtensteinischen Ent- wicklung nach 1945 die Perspektive des ökonomisch beschleunigten Strukturwandels.12 Vereinzelte geschichtliche Studien belegen seit dem letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts allerdings andere Möglichkeiten der Erinnerung und Erzählung der liech- tensteinischen Nachkriegsjahrzehnte.13 An diese Arbei- ten kann zum Thema «1968» angeknüpft werden; insbe- sondere an Veronika Marxers Erzählung der liechten- steinischen Bewegung für ein Frauenstimmrecht 1994.14 Mit dem Gesichtspunkt «1968» ist nicht nur die Hoch- Zeit der antiautoritären Protestbewegungen in der zwei- ten Hälfte der 1960er Jahre gemeint. «1968» ist auch die Chiffre für einen breiter wirkenden Einstellungs- und Wertewandel, der nicht auf die Jugendrevolten beschränkt ist, wiewohl er darin einen lautstarken Ausdruck findet. Historisch von Belang ist deren Einbettung in die Ent- wicklung einer Konsumgesellschaft und eines noch nie gekannten Massenwohlstands nach 1945, die auch Liech- tenstein erfasst hatte. Für den Verfasser bietet diese Per- spektive eine Möglichkeit, am Beispiel Liechtensteins die Veränderungen einer bäuerlich und katholisch geprägten Gesellschaft als konflikthafte Mentalitätsgeschichte in den Blick zu nehmen. Dies sowohl entlang der Chronik insti- tutioneller Reformen und öffentlicher Ereignisse als auch 2  Gerard Batliner (1928–2008), Dr. jur., 1962–1970 Regierungschef (FBP). 1974–1978 Landtagspräsident. 3  Alfred Hilbe (1928–2011), Dr. rer. oec., 1965–1970 stellvertreten- der Regierungschef. 1970–1974 Regierungschef (VU). 4  Gerard Batliner, Mitgründer der Liechtensteinischen Akademi- schen Gesellschaft (im Folgenden: LAG), ein reformorientierter Intellektueller, löste 1962, mit 34 Jahren, den zurückgetretenen Regierungschef Alexander Frick ab. Der gleichaltrige Alfred Hilbe wurde von seiner Partei VU als innenpolitischer Neuling in die Regierung geholt. Die alte, völkisch-autoritär geprägte VU-Spitze hatte 1965 nach dem Rücktritt von Dr. Alois Vogt aus der Regie- Kapitel_5_Schremser.indd   12511.06.13   15:47
	        

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