Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

109 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112, 
2013treiben. 
Eine Frau vor Ort hatte ihr zuvor den Rat gege- ben, im Wasser gesottene Haselwurzeln würden helfen, die Schwangerschaft zu beenden. Bei ihrer Einvernahme vor dem Oberamtsgericht in Tettnang machte Kreszentia Schönmetzler ihre Mutter in Liechtenstein für ihre miss- liche Lage verantwortlich. Das Gericht fragte: «Warum ist deine Mutter daran schuld?» Worauf Kreszentia Schön- metzler antwortete: «Weil sie mich nicht zuhause gelitten hat, sie hat gesagt, wenn ich nicht gehe, so erwürge sie mich».57 – Auffallend ist hier, dass das Gericht die Ange- klagte per «du» ansprach, was wohl mit der «niederen» Herkunft der Frau zu tun hatte. Die Angeklagte Kreszentia Schönmetzler entstammte einer mittellosen Familie, deren Vater als Kesselflicker tätig war. Offensichtlich konnten oder wollten die Eltern nicht für den Unterhalt ihrer Tochter aufkommen. Das Gericht fragte ferner: «Warum hast du deine Schwanger- schaft Niemandem gesagt?» Worauf Schönmetzler erwi- derte: «Ich habe halt geforchten, man schicke mich nach Haus, und heim habe ich nicht dürfen.» Ihre Mutter hätte ihr zudem gesagt, «ich solle ihr nur nicht mehr unter die Augen kommen, oder sie erwürge mich».58 
hinreissen lassen, und dass sie nach ihren Begriffen für die Erhaltung und schnelle Entdeckung des Kindes bes- tens gesorgt war, und [dass] das Verbrechen durchaus keine nachtheiligen Folgen gehabt hat». Zudem sei die Angeklagte «von früherem untadeligem Lebenswandel gewesen». Magdalena Oberhuber wurde dennoch am 27. Dezember 1847 zu einer Strafe verurteilt, und zwar zu sechs Wochen Gefängnis und zur Tragung der Un- tersuchungskosten. Anton Vonblon in Thüringen hatte sich inzwischen zur Tragung der Erziehungskosten be- reit erklärt, wollte aber die Kindserziehung der Mutter Magdalena Oberhuber überlassen.50 Einige Jahre später wurde Magdalena Oberhuber nochmals aktenkundig. Das Regierungsamt in Vaduz bemerkte am 16. April 1857, diese Frau halte sich nun in Satteins oder in Rankweil auf und hätte einen wei- teren Sohn, für dessen Unterhalt jedoch die Gemeinde Eschen sorgen müsse.51 
Magdalena Oberhuber war dann im Jahr 1862 wieder zurück in Eschen. Der Eschner Pfar- rer Anton Frick bat damals die Regierung in Vaduz um Unterstützung für diese Frau, da deren Angehörige völ- lig mittellos seien. Magdalena Oberhuber selbst sei «in Krankheit gefallen», ihre Kinder würden von der Ge- meinde versorgt.52 Ihr älterer Sohn Jakob Oberhuber wanderte 1882 in die USA aus.53 
Und ihr jüngerer Sohn Franz Oberhuber arbeitete später als Steinhauer in Pfäf- fikon im Kanton Zürich.54 Drei jüngere Töchter starben bereits in jungen Jahren. Der Vater dieser weiteren Kin- der von Magdalena Oberhuber ist unbekannt. Sie selbst starb, 64-jährig, im Jahr 1887 in Rankweil. Sie hatte die letzten Lebensjahre in der «Wohlthätigkeitsanstalt Val- duna» verbracht.55 Kreszentia Schönmetzler, Hintersassin aus Mauren, ar- beitete um 1830 als Dienstmagd in Oberschwaben. Laut einem Schreiben aus Tettnang nach Vaduz, datiert vom 8. Januar 1823, waren damals bereits mehrere Verwandte von Kreszentia Schönmetzler als Dienstleute im Bezirk Tettnang tätig. Das genannte Schreiben erfolgte, weil diese Personen zum Teil keine Heimatscheine hatten. Solche Heimatschriften waren aber eine notwendige Voraussetzung dafür, dass diese Personen weiterhin in Württemberg geduldet wurden.56 Kreszentia Schönmetzler selbst wurde im Oktober 1831 aktenkundig, als sie in Tettnang vor Gericht stand. Sie wurde beschuldigt, versucht zu haben, ihr Kind abzu-46 
 Zur Familie Oberhuber siehe auch Biedermann 2012, Stamm- baum auf S. 193. 47  LI LA J 3/S 1847/5: Magdalena Oberhuber, angeklagt «wegen des Verbrechens der Weglegung eines Kindes». Einvernahme von Magdalena Oberhuber vor dem Oberamt in Vaduz, 26. Oktober 1847. 48 Ebenda. 49 Ebenda. 50 Ebenda. 51  LI LA RC 105/150: Korrespondenz zwischen dem Regierungsamt in Vaduz, der Gemeinde Eschen und dem Bezirksamt in Feld- kirch zum Verbleib von Magdalena Oberhuber, diverse Schrei- ben, 1856 und 1857. 52  LI LA RD 1862/1/13: Verpflegung der Magdalena Oberhuber, zwei Schreiben des Eschner Pfarrers, 19. Juni und 2. Juli 1862. 53 Jansen, Schurti 1998, Bd. 1, S. 233. 54  LI LA RE 1885/1205: Schreiben von Franz Oberhuber aus Pfäffi- kon (ZH) an die Regierung in Vaduz, 16. August 1885, mit der Bitte um Erteilung des Ehekonsenses. 55  Ebenda, mit Hinweis auf den Aufenthaltsort von Franz Oberhu- bers Mutter. 56  LI LA RB/J 1823: Schreiben des Oberamts Tettnang an das Ober- amt in Vaduz, 8. Januar 1823. 57  LI LA RC 16/5: Kreszentia Schönmetzler, versuchte Abtreibung, 1831; Mitteilung des Oberamts Tettnang an das Oberamt in Va- duz über die erfolgte Einvernahme von Kreszentia Schönmetzler; die zitierten Stellen entstammen der protokollierten Einvernah- me der Angeklagten. 58 Ebenda. Vgl. Abb. auf Seite 108 hier im Buch. Kapitel_3_Biedermann.indd   10911.06.13   15:45
	        

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