Volltext: Jahrbuch (2013) (112)

101 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 112, 20131 
 Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors, gehalten am 25. November 2012 im Alten Pfarrhaus in Balzers. Der mit 55 Zuhörenden sehr gut besuchte Vortrag war Teil des Rahmen- programms zur Ausstellung « ‹Buab, ma duat di is Schwooba- land› – Liechtensteinische Kinder als Schwabengänger», die vom 30. Juni bis 2. Dezember 2012 in Balzers zu sehen war. 2  Brief von Josef Schuppler an den Gesandten Schmitz Grollen- burg, 6. April 1809, zitiert nach Batliner 1976, S. 163. 3  Zur wirtschaftlichen Entwicklung Liechtensteins im 19. Jahrhun- dert vgl. Ospelt 1972. 4  Vogt 1990, S. 137–146; vgl. auch Jansen 2013, S. 44–45 sowie Vogt 2013, S. 92–95. 5 Zur Tagsatzung von 1551 vgl. Argast 2007, S. 62. 6 Zitiert nach Schamberger-Rogl 2002, S. 113. 7  Landesgesetzblatt (LGBl.) 1864, Nr. 4: Gemeindegesetz vom 24. Mai 1864. 8 Ospelt 1972, S. 51. 9  Angabe aus dem Triesner Steuerbuch von 1777, zitiert bei Büchel 1987, Bd. 1, S. 282. 10 Vgl. dazu ausführlich: Biedermann 2012, S. 62–72. 11  Gemeindegesetz von 1842, unter: http://www.llv.li/pdf-llv- la-1842-08-01_gemeindegesetz....pdf, eingesehen am 12. März 2013. 12 Biedermann 2012, S. 96. 13 LGBl. 1864, Nr. 4: Gemeindegesetz vom 24. Mai 1864. 14  Liechtensteinische Landeszeitung, Ausgabe Nr. 8, 9. April 1864, erste Beilage, mit Wiedergabe des Protokolls der Landtagssitzung vom 29. Februar 1864. 15 Ebenda. 16 Vgl. Biedermann 2012, S. 100 sowie S. 
137–138. 
ben noch Gemeindegüter. Wir haben noch Wälder und Güter, die wir nicht leichtfertig verschenkten und nicht mit einem theilen wollen, der aus einem anderen Welt- theil herkommt.»15 Wolfinger wies mit seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Gemeinde Balzers noch über grossen Bodenbe- sitz verfügte, der den nutzungsberechtigten Bürgern zur Verfügung gestellt werden konnte. Hingegen hatten zu diesem Zeitpunkt andere Gemeinden wie Ruggell oder Vaduz einen Grossteil des ehemaligen Gemeindebodens den einzelnen Bürgerfamilien als Besitz zugeteilt. Balzers war 1864 diejenige Gemeinde in Liechtenstein, die noch über den grössten Bürgernutzen verfügte. Entsprechend verlangte die Gemeinde Balzers auch die höchsten Ein- bürgerungstaxen des Landes, um potentiellen Neubür- gern den Zugang zu diesem Bürgernutzen möglichst zu erschweren.16 Das Gemeindegesetz von 1864 erhob zwar die bishe- rigen Hintersassen in den Status von Gemeindebürgern, doch viele von ihnen blieben Bürger zweiter Klasse; denn in die Nutzungsrechte ihrer Bürgergemeinde 
zu zwingen. Zumindest sollten diese Personen ein Hei- matrecht in einer Gemeinde erhalten.11 So heisst es im erwähnten Gemeindegesetz von 1842 in Paragraph 60: «Die dem Lande zugewachsenen frem- den Leute, welche nicht mehr entfernt werden können, und die in früheren Zeiten aufgenommenen sogenann- ten Staatsbürger, welche nicht ausdrücklich einer be- stimmten Gemeinde zugewiesen worden sind, werden als Hintersassen jener Gemeinde erklärt, in welcher jene bei Erscheinung dieses Gesetzes ihren ordentlichen Wohnsitz genommen haben». Damit war grundsätzlich beabsichtigt, Fahrende und Heimatlose sesshaft zu ma- chen. Damit sollte auch das zumeist prekäre Schicksal dieser Personen gelindert 
werden.12 Formelle Abschaffung des Hintersassen-Status 1864 Es fiel soeben der Begriff «Hintersassen», der heute nicht mehr allgemein geläufig ist. Hintersassen waren Staats- bürger mit einem Heimatrecht in ihrer Wohngemeinde. Jedoch besassen Hintersassen keine oder nur einge- schränkte Nutzungsrechte in ihrer Heimatgemeinde. Mit Erlass des neuen Gemeindegesetzes setzte der Landtag 1864 die formelle Abschaffung des Hintersassen-Status durch.13 Gegen die Abschaffung des Hintersassen-Status hat- ten sich 1864 Gemeindevertreter im Landtag zur Wehr gesetzt, sie unterlagen aber bei der entsprechenden Ab- stimmung. Zuvor hatte der Vaduzer Abgeordnete Franz Anton Kirchthaler im Landtag die Abschaffung des Hin- tersassen-Status vehement verteidigt: «Die Hintersassen sind so gut Menschen als die Bürger, sind gleichfalls Staatsbürger. Sie sollen den Bürgern gleichgestellt wer- den. Es wäre ein Rückschritt, wenn man die [entspre- chenden] Anträge der [Landtags-] Kommission fallen lassen wollte.»14 Der Abgeordnete Franz Josef Wolfinger, ehemaliger Vorsteher der Gemeinde Balzers, fühlte sich vom Abge- ordneten Kirchthaler angegriffen. Wolfinger erwiderte: «Wir, die wir des Rückschritts beschuldigt werden, wol- len nur unser Eigenthum wahren. Ich kann nicht begrei- fen, wie man da von Rückschritt ... sprechen kann. Ich meine, wenn man ein Eigenthum hat, so darf man damit pochen. Ihr Herren in Vaduz habt nichts, aber andere ha- Kapitel_3_Biedermann.indd   10111.06.13   15:45
	        

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