Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

94Frommelt Fabian: Stabilisierung durch 
Verpachtung? 
er lehnte den «in meinen [Rohrers] diensten» stehenden Müller als Zeugen ab und brachte seinen (im Einzelnen unklaren) Streitfall vor die kaiserliche Kommission.53 Graf Jakob Hannibal klagte 1712 beim Kaiser gegen Roh- rer, unter anderem wegen «allzu unmenschlich denen unterthanen abgenohmbenen geldt-buessen»,54 die ja zur Hälfte ihm als Oberamtmann zustanden; aufgrund der Gegnerschaft zwischen Rohrer und Jakob Hannibal ist dieser Vorwurf allerdings mit Vorsicht zu bewerten. Johann Christoph Anger aus Schaan gehörte als Amts- schreiber ebenfalls dem Oberamt an – soweit bekannt war er der erste und bis ins 19. Jahrhundert einzige Lan- deseinwohner in dieser Stellung.55 Nach seinem Tod im Oktober 1710 wurde seine Stelle offenbar nicht neu be- setzt,56 sondern von Rohrer selbst ausgeübt, was eine nochmalige (geringe) Einsparung erlaubte, hatte Anger doch eine jährliche Besoldung von rund 35 Gulden bezo- gen.57 
Damit bestand das Oberamt nur noch aus einer Per- son. Denn ein Rentmeister wurde während der Admodi- ationszeit ebenfalls nicht benötigt, da der Gefällepächter Rohrer die Einnahmen und Ausgaben selbst verwaltete. Entsprechend führte Rohrer die Rentrechnungen selbst, die in seiner Zeit als Admodiations- oder Be- standsrechnungen bezeichnet wurden und im Zeitraum 1706–1712 vollständig erhalten sind.58 Das Rechnungs- jahr dauerte von «Georgi biß wider dahin», also vom 25. April bis zum 24. April des Folgejahres. 
Als Überlinger Ausbürger versteuerte Rohrer 1701–1711 ein Fahrnisvermögen von 200 Gulden.49 Sein weiteres Schicksal bis zu seinem Tod im Jahr 1721 ist 
unbekannt. Zur obrigkeitlichen Verwaltung während der Admodiationszeit Einen wesentlichen Teil der Verwaltungsarbeit Roh- rers machten die wöchentlichen Verhörtage aus, bei de- nen er als Oberamtmann den Vorsitz führte. Rohrer ist erstmals am 18. Oktober 1706 und letztmals am 29. Mai 1712 in dieser Funktion belegt.50 
Jedermann konnte am Verhörtag Klage einreichen und ein erstinstanzliches Ur- teil erlangen. Beteiligt waren neben Rohrer in der Regel auch der Amtsschreiber Johann Christoph Anger und, als Beisitzer, der jeweilige Landammann (Peter Walser, Basil Hoop, Georg Wolf, Anton Banzer). Gelegentlich zeichnet sich in den Verhörtagsproto- kollen die Problematik des wirtschaftlich und sozial mit der lokalen Bevölkerung verbundenen Einzelrichters ab, die durch die Doppelfunktion Rohrers als Oberamtmann (Richter) und Gefällepächter teilweise noch akzentuiert wurde: So etwa, wenn er eine Strafe verhängte, weil die Torkelarbeiter eine Gelte von «meinem ... wein» aus- getrunken hatten (Richter in eigener Sache)51 
oder weil sein Knecht «nächtlicherweil» mit einem Stein bewor- fen worden war (Befangenheit).52 Der Gipspächter Jakob Wolf bezeichnete Rohrer als «einen suspecten richter»; «Bestandsrechnung» 1709 bis 1710 (in Gulden) Einnahmen 4’000 – Admodiationszins 4’000 Ausgaben 4’353 – Defizit Vorjahr 755 – Deputate des Grafenpaars 2’000 – Schuldzinsen* 1’043 – Kompetenzen der Hofkapläne 28 – Besoldungen 225 – Spesen («Zerung») 96 – Handwerker 87 – Diverses («Insgemein») 119 Defizit –353«Bestandts 
rechnung der reichsgraffschafft Vaduz von jörgi 1709 biß wider dahin 1710 gefüehrt durch mich underschribenen Joseph Anthoni Rohrer». Die Bestandsrechnung (Pachtrechnung) umfasst 23 Seiten. Darin finden sich neben den Hauptausgaben wie Deputaten, Schuldzinsen und Besoldungen auch Details aus dem Alltagsleben: Wegen eines «jm rhein ersoffenen soldaten» zum Beispiel entstanden laut Beleg des Triesner Pfarrers Unkosten in Höhe von 6 Gulden. Quelle: StAA/Kempten A 2913, unfoliert (1706–1712): Bestandsrechnungen. *   Der dem Vaduzer Hofkaplan Johann Georg Benzer zustehende Zins von fünf Gulden floss im Rechnungsjahr 1709–1710 nicht in die Rechnung ein. Kapitel_4_Frommelt.indd   9422.10.12   12:34
	        

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