Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

62Arnegger Katharina: Vaduz und Schellenberg unter der Herrschaft der Reichsgrafen von Hohenems 
(1613–1699/1712) 
dert urkundlich nachgewiesen werden.2 In den ältesten vorhandenen lateinischen Urkunden nannten sie sich zuerst «Amades» oder «Amedes» und schliesslich auf Deutsch «Embs» oder «Ems».3 Woher sie diesen Namen ableiteten, ist nicht gesichert festzustellen. Jedenfalls be- nannten sie die Festung, die sie im heutigen Vorarlberg zur Sicherung der Strasse durch das Rheintal innehatten, Alt(o)-Ems, das bedeutet Hohe-Ems. Heute wird diese als Burg «Alt-Ems» im Gegensatz zu einer jüngeren namens «Neu-Ems», die in unmittelbarer Nähe im 14. Jahrhun- dert erbaut wurde, bezeichnet. Die Burg Alt-Ems gehörte zu den grössten und wichtigsten Burganlangen im süd- deutschen Raum. Lange Zeit nannte sich die Familie «zur hochen Embs» nach ihrer Festung. Später, als sie im 17. Jahrhundert in den Markt «Ems» hinunter übersiedelten, nannten sie sich «zur Hohenems». Ihren frühen Aufstieg verdanken die Hohenems ihrer Tätigkeit als Ministerialen der Welfen und Staufer und der geostrategischen Lage ihrer Festung Hohen-Ems, mit der sie den Durchzug im Rheintal kontrollieren konn- ten und somit im Rahmen der Verteidigung des Heili- gen Römischen Reichs einen wichtigen Platz innehatten. Auf dieser Festung hielten sie ab 1195 Wilhelm III. aus dem Haus Hauteville (um 1185–1198, Alt-Ems), den letzten Normannenkönig von Sizilien, und im Jahr 1206 Bruno IV. von Sayn, den Erzbischof von Köln (um 1165– 1208), gefangen. Ab dem 14. Jahrhunderts orientierten sich die Ho- henems an der Machtpolitik der Habsburger.4 
Merk Sit- tich I. war als Landknechtsführer im Dienst Kaiser Karls V. sehr erfolgreich. Seinem Sohn Wolf Dietrich gelang es durch seine Heirat mit Clara de’Medici im Herzogtum Mailand ein wichtiges Netzwerk für seine Familie auf- zubauen, denn ihr Bruder Giovanni Angelo de’Medici wurde 1560 als Pius IV. zum Papst gewählt. Dieser be- gann sofort seine Familie mit Pfründen zu bedenken. Seinem Einfluss ist es zu verdanken, dass Kaiser Fer- dinand I. die Familie Hohenems 1560 in den Reichsgra- fenstand erhob. Die Söhne Merk Sittichs machten mit Hilfe dieser Familienverbindung rasch Karriere. Marcus Sitticus III. wurde nach der Papstwahl seines Onkels Kar- dinal. Er liess den Palast Altemps in Rom umgestalten und die Kirche Santa Maria in Trastevere renovieren. 1562 beauftragte er den bekannten Architekten Mar- tino Longhi mit dem Bau des Palastes Hohenems in der Grafschaft Hohenems. Sein Bruder Jakob Hannibal I. von 
Einleitung Die Geschichte der Grafschaft Vaduz und der Herrschaft Schellenberg wurde im 17. Jahrhundert durch die Grafen von Hohenems geprägt, denn beide Territorien kamen 1613 in hohenemsischen Besitz. Deren Herrschaft dau- erte in Vaduz 99 und in Schellenberg 86 Jahre bis zum Verkauf an Fürst Johann Adam I. von Liechtenstein. Die wichtigsten Ereignisse dieses Jahrhunderts waren für die Bevölkerung von Vaduz und Schellenberg die Kriegs- wirren während des Dreissigjährigen Kriegs, die daraus folgenden finanziellen Belastungen, die zu einer immer grösser werdenden Verschuldung sowohl der Grafen von Hohenems als auch der Bevölkerung führten, und die daraus resultierenden Eskalationen in Form von He- xenprozessen. Die hohe Verschuldung der Grafen von Hohenems und deren schlechte Regierung in Vaduz und Schellenberg führten zur kaiserlichen Zwangsver- waltung. Als auch diese erfolglos blieb, mussten die Ho- henems Schellenberg 1699 und Vaduz 1712 an das Haus Liechtenstein verkaufen. Über diese Periode der Ge- schichte des heutigen Fürstentums Liechtenstein gibt es bereits eine Vielzahl an ausführlichen Arbeiten, die auch die Quellen aus unterschiedlichen Archiven berücksich- tigen.1 Um nicht Altbekanntes zum wiederholten Mal niederzuschreiben, sollen im vorliegenden Artikel die historischen Abläufe nur kursorisch unter Berücksichti- gung vorhandener Literatur behandelt und weniger be- kannte Aspekte mit Hilfe von Quellen aus dem Österrei- chischen Staatsarchiv erörtert 
werden. Die Grafen von Hohenems Nach dem Zerfall des antiken Römischen Reichs etab- lierten sich in der früheren römischen Provinz Rätien, welche neben dem heutigen Fürstentum Liechtenstein unter anderem auch Teile des heutigen Vorarlbergs und Graubündens umfasste, ab dem 10. Jahrhundert verschiedene Adelsfamilien wie die Montfort-Tettnang, Mosax, Planta, Salis, Sulz, Toggenburg, Werdenberg und auch die Hohenems. Der Ursprung dieser Familie lässt sich, wie bei allen alten Adelsfamilien, nicht sicher fest- stellen. Neben verschiedenen Sagen und Theorien, die bestenfalls durch selbstverfasste Familienchroniken be- legt werden, können die Hohenems ab dem 12. Jahrhun- Kapitel_3_Arnegger.indd   6222.10.12   12:16
	        

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