Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

55 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 111, 
2012 
Die Karlskirche in 
Wien.schöfe 
und Fürstbischöfe in Augsburg, Breslau, Mainz und Trier wirkten. Das Haus Pfalz-Neuburg gehörte fak- tisch zur Gesamtdynastie der Habsburger. Ähnlich eng war die Verbindung zu den Herzögen von Lothringen, die künftig durch die Eheschliessung Maria Theresias die Fortsetzung der Habsburgerfamilie über die weibliche Erbfolge hinweg garantieren sollten. Die Ehefrau Karls VI., Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel, ermöglichte gute Beziehungen auch zu dem nichtkur- fürstlichen Zweig des Welfenhauses in Wolfenbüttel. Dort war akzeptiert worden, dass die Kaiserin vor ihrer Eheschliessung zum Katholizismus übertrat. Die oft pauschal behauptete «Kaiserferne» Nord- deutschlands ist durchaus differenzierungsbedürftig. «Reichsfern» war der Norden auf keinen Fall und die Ära Karls VI. erlebte mit der Reichsexekution in Mecklen- burg und der Absetzung des Herzogs von Mecklenburg- Schwerin sogar einen Höhepunkt kaiserlicher Interventi- onen im Reich. Das behördliche Instrument hierfür war der Reichshofrat, der von Karl VI. auch eingesetzt wurde, um seine Oberautorität in den freien Reichsstädten zur Geltung zu bringen, so bei der Verfassungsreform in der freien Reichsstadt Frankfurt am Main, die nach lang- jährigen Konflikten im Jahr 1732 erfolgte. In Hamburg wurde eine Verfassungsreform 1712 durchgeführt. Die Präsenz des Kaisers im Reich ist in der Ära Karls VI. we- niger durch neue Impulse und dynamische Versuche ge- kennzeichnet als zur Zeit seines Bruders Joseph I. Aber eine Konsolidierung auf relativ hohem Niveau und eine Ausnutzung der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten waren doch gegeben. Entscheidend wirkte sich dabei aus, dass die Konfessi- onsgrenze überwunden wurde. Der Ausgleich des West- fälischen Friedens funktionierte im Grossen und Ganzen und stiftete auch in den protestantischen Reichsteilen Vertrauen und Loyalität gegenüber dem katholischen Kaiserhaus. Die Konfessionsstreitigkeiten in der Kur- pfalz in Folge der Rijswijker Klausel konnten im Sinne der reichsmässigen Parität durch die bauliche Teilung der strittigen Kirchen gelöst werden. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Friedensschluss von Münster und Osnabrück bewies die Juridifizierung des Konfessions- streits durch den Westfälischen Frieden ihre dauerhaft pazifizierende Kraft. Karl VI. betrieb im Reich – wie schon sein Vater Leopold I. – strikt eine Politik auf der Grundlage des Westfälischen Friedens und seines ver- 
Hof konnte seinerseits die guten Beziehungen zu den Kurfürsten von Sachsen und Hannover kontinuierlich pflegen und auch die etwas komplexeren zu dem Sol- datenkönig in Berlin blieben zumeist im Prinzip freund- lich. Es waren zudem Vorleistungen Karls VI., dass die beiden Nichten des Kaisers, die Töchter Josephs I., mit den Kurprinzen von Sachsen und Bayern, den künftigen Kurfürsten, verheiratet wurden. Über die noch bis 1720 lebende Witwe Leopolds I. und Mutter Karls VI., Kaise- rin Eleonore Magdalene Therese, bestand die enge Ver- bindung zu deren Bruder Johann Wilhelm und Neffen Karl Philipp, den pfalz-neuburgischen Kurfürsten von der Pfalz in Düsseldorf und Mannheim, ferner zu ihren Brüdern im geistlichen Stand, die als Kurfürsten, Erzbi- Kapitel_2_Schindling.indd   5522.10.12   12:31
	        

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