Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

24Frommelt Fabian: Der Kauf der Grafschaft Vaduz am 22. Februar 
1712 
traden und einkommen beschert, recht administriren» solle,47 und widmete sich der Reorganisation der fürst- lichen Güterverwaltung in Böhmen und Mähren. Mit rigorosen Massnahmen schränkte er die Hofhaltung ein und reduzierte die Zahl der Bedienten. Gewaltsam wur- den die Frondienste und die übrigen Lasten der Bauern erhöht. Rasch konnte er die Erträge steigern, die Schul- den beseitigen und neue Herrschaften erwerben. Johann Adam gilt als Finanzgenie und erhielt den Beinamen «der Reiche». 1705 aber rebellierten die Bauern in 178 Gemeinden und sandten Beschwerdeschriften an den Kaiser, der jedoch den Fürsten stützte.48 Johann Adam hatte dem kaiserlichen Hof schon mehrfach mit hohen Darlehen ausgeholfen und stand überhaupt in kaiserlicher Gunst: Leopold I. ernannte ihn 1687 zum Geheimen Rat und zeichnete ihn 1694 mit dem Orden vom Goldenen Vlies aus. Ab 1698 sass er einer Kommission zur Reorganisierung der kaiserlichen Domänen und Finanzen vor und 1703–1705 war er Prä- sident der Staatsbank «Banca del Giro» in Wien. Leidenschaftlich förderte Johann Adam Kunst und Architektur. Er baute die fürstliche Kunstsammlung aus, u.a. mit Werken von Rubens und van Dyck. Neben ande- ren Schlössern gehen auch die beiden fürstlichen Palais in Wien – jenes an der Bankgasse und das Gartenpalais in der Rossau – auf ihn zurück. Angrenzend an das Ros- sauer Palais liess er die Mustersiedlung «Lichtental» als neue Wiener Vorstadt anlegen. Für unser Land von Bedeutung war, dass Johann Adam die bislang erfolglos gebliebenen Bemühungen seiner Vorfahren um Aufnahme in den Reichsfürsten- rat fortführte:49 Denn die Liechtenstein waren zwar seit 1608/1620 bzw. 1623 (Reichs-)Fürsten, gehörten aber dem Reichsfürstenrat nicht an und hatten weder Sitz noch Stimme im Reichstag. Andere in den Fürstenstand erho- bene Familien wie die Lobkowitz, Auersperg, Salm, Diet- richstein oder Piccolomini hatten diese prestigeträchtige Stellung bereits erreicht,50 
und die Liechtenstein drohten in der für die barocke, höfische Gesellschaft so wichtigen «Prestigehierarchie»51 ins Hintertreffen zu geraten. Um diese höchste ihnen zugängliche Würde als Reichsfürsten ebenfalls zu erreichen, benötigten die Liechtenstein reichsunmittelbaren Besitz, der ihnen fehlte. Hingegen besass Jakob Hannibal III. von Ho- henems reichsunmittelbare Herrschaften, für die er in den 1690er Jahren einen Käufer suchte. Diese 
Gelegen- 
Johann Adam I. Andreas, Fürst von Liechtenstein Der Käufer der Grafschaft Vaduz, Fürst Johann Adam I. Andreas von Liechtenstein, wurde 1657 in Brünn ge- boren, als Sohn des Fürsten Karl Eusebius und der Grä- fin Johanna Beatrix von Dietrichstein.45 1681 heiratete er Erdmunda Maria Theresia von Dietrichstein. Johann Adams Grossvater Karl und dessen Brüder Maximilian und Gundaker waren 1608/1620 bzw. 1623 in den (Reichs-)Fürstenstand erhoben worden.46 Sein Va- ter, Karl Eusebius, begründete die fürstliche Kunstsamm- lung, baute die im Dreissigjährigen Krieg verwüsteten Besitzungen in Böhmen und Mähren wieder auf und hinterliess seinem Sohn Johann Adam ein reiches Erbe – aber auch über 800’000 Gulden Schulden. Nach seinem Regierungsantritt 1684 beherzigte Jo- hann Adam den Ratschlag seines Vaters, dass er «die gaben Gottes, so er uns durch die zeitliche mittl der in- Fürst Johann Adam I. Andreas von Liechtenstein, um 1706, Ölgemälde des Künstlers Peter van Roy. Kapitel_1_Frommelt.indd   2422.10.12   13:20
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.