Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

208Rennenberg Heinz/Hasler Norbert: 100 Jahre liechtensteinische 
Briefmarken 
Liechtenstein ausnahmslos österreichische Briefmarken zum Einsatz kommen konnten. Warum kam dann gerade vor 100 Jahren, also zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der Wunsch nach eige- nen Briefmarken auf? Mit der leichten Verbesserung der wirtschaftlichen Situation ging ein zunehmendes Selbstbewusstsein der Bürger Liechtensteins einher und damit auch das Streben nach Zeichen von Souveräni- tät - und genau dazu gehörten eben auch eigene Brief- marken. Dazu kamen aber auch finanzielle Gesichts- punkte. Anders als heute stellten Briefmarken als im Voraus bezahltes Porto eine wichtige Einnahmequelle für die Staatskasse dar. Das war gerade in einem vor- wiegend bäuerlichen Staat interessant, dem nicht allzu viele andere Einnahmequellen zur Verfügung standen. Zudem wurde in dieser Zeit die Philatelie ein wich- tiges Hobby des aufstrebenden Bürgertums in Europa. Mit dem Verkauf von Briefmarken an Philatelisten war aber die Bezahlung einer Leistung verbunden, die nicht in Anspruch genommen wurde. Das wäre so, als wenn eine grössere Gruppe von Kunden in einem Laden Gut- scheine kaufen, diese aber nicht einlösen sondern ledig- lich wegschliessen würde. Damit war der Verkauf von Briefmarken an Philatelisten, gerade auch über die Lan- desgrenzen hinweg, ein besonders lukratives Geschäft. Der Herausgabe eigener Briefmarken in Liechten- stein gingen deshalb jahrelange Verhandlungen zwi- schen dem österreichischen Handelsministerium und dem Landesverweser Carl von In der Maur voraus. Er war der oberste in Liechtenstein ansässige Beamte des 
Morgen, am 1. Februar 2012, feiern wir den 100. Ge- burtstag der ersten Briefmarken Liechtensteins. Wir befinden uns also am Vorabend des Geburtstags und können, wenn wir wollen, in den Geburtstag «hinein feiern». Wenn wir uns aus diesem Anlass in die Zeit der Geburt der ersten Briefmarken Liechtensteins zurück- versetzen, würden wir das heutige Liechtenstein nicht wiedererkennen: Vor 100 Jahren war Liechtenstein ein ausgespro- chen armer Bauernstaat, zeigte bereits erste Zeichen von Industrialisierung und hatte in den vergangenen 50 Jahren gerade begonnen, sich von den Folgen krie- gerischer Auseinandersetzungen zu erholen. Die Lage Liechtensteins an einem strategisch wichtigen Platz der Nord-Süd-Verbindung in Europa hatte über Jahrhun- derte dazu geführt, dass Liechtenstein Aufmarschplatz und Durchgangsgebiet der verschiedensten Armeen war; Armeen, die das ohnehin arme Land ausraubten und brandschatzten. In dieser Zeit war es wahrlich keine Freude in Liechtenstein zu leben. Der Staatsvertrag mit Österreich im Jahr 1852 hatte dem endgültig ein Ende bereitet, u. a. auch das Postwe- sen in österreichische Hand gelegt und für einen beschei- denen wirtschaftlichen (wie man heute sagen würde) Aufschwung gesorgt. Dennoch hatte das überwiegend bäuerliche Liechtenstein vor 100 Jahren nichts mit dem heutigen modernen Industrie-Kleinstaat gemeinsam. Liechtenstein befand sich durch den Handelsvertrag auch in einer erheblichen wirtschaftlichen Anhängig- keit von Österreich. Dazu zählte auch, dass seit 1852 in 
Zur Eröffnung der Sonderausstellung in Vaduz Heinz Rennenberg Ein Porträt von Fürst Johann II. ziert die ersten liechtensteinischen Briefmarken. Kapitel_9a_Briefmarken.indd   20822.10.12   12:58
	        

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