Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

160Ospelt Alois: 1712–2012. 300 Jahre Liechtensteiner Oberland 
2012 
Sitzordnung des Reichstages bei dessen feierlicher Eröffnung. – Kupferstich von Peter Troschel, 1675. An der Stirnseite sass der Kai- ser. Hinter dem Kaiser war die Kurfürstenbank, auf der die Kurfürsten bzw. deren Gesandte Platz nahmen. An der linken Längsseite des Saals sassen die weltlichen Reichsfürsten. Die geistlichen Reichsfürs- ten sassen auf der rechten Längsseite. Die Vertreter der Reichsstädte verteilten sich über die zwölf im Vordergrund zu sehenden Bänke. Vor den Reichsstädten war der Platz der Reichstagsschreiber. 
liche Kuriatstimmen. Eine solche Kuriatstimme hatte das schwäbische Reichsgrafenkollegium, dem auch die Gra- fen von Hohenems angehörten. Der Städterat umfasste 51 Sitze für die Reichsstädte.13 Das Heilige Römische Reich war (seit 1500) in zehn Reichskreise eingeteilt. Einer davon war der Schwä- bische Reichskreis, zusammengesetzt aus vielen Landes-herrschaften, 
darunter auch Vaduz und Schellenberg. Ihr Territorium war dem Konstanzischen Viertel zugeord- net. Auf der Karte auf Seite 161 wird die vielfältige Glie- derung des Kreisterritoriums deutlich.14 Zurück zu den Bemühungen der Fürsten von Liech- tenstein um Aufnahme in den Reichsfürstenrat: Sie be- gannen schon 1630. Unabdingbare Voraussetzung zu Sitz und Stimme auf den Reichs- und Kreistagen war neben der Zustimmung von Kaiser und Reichstag der Besitz eines reichsunmittelbaren Territoriums. Sieben Jahr- zehnte lang zog sich das Suchen der Fürsten von Liech- tenstein nach einem solchen Gebiet hin. Für zwanzig verschiedene Herrschaften, von Holland bis an die Adria, von Ostpreussen bis ins Elsass, zeigten sie ihr Interesse und führten Verhandlungen mit deren Besitzern. Dass schliesslich von allen Plänen gerade die von Schellenberg und Vaduz realisiert wurden, ist nur dem Zufall zu ver- danken. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis, dass es schon ein früheres Fürstentum Liech- tenstein gegeben hat. 1633 wurden nämlich durch kai- serliches Dekret die liechtensteinischen Herrschaften Krumau und Ostra in Mähren zu einem «Fürstentum Liechtenstein» erhoben. Das bedeutete für das Fürsten- haus zwar eine Ehrung durch den Kaiser15, verhalf aber wegen fehlender Reichsunmittelbarkeit der Herrschaf- ten nicht zu Sitz und Stimme im Reichstag. Der dem mährischen Besitz verliehene Name wurde bei der Er- hebung unseres Landes zum Fürstentum Liechtenstein förmlich auf dieses und auf Vaduz übertragen. Im Zusammenhang mit den Bemühungen um den Er- werb fürstenmässiger und reichsunmittelbarer Gebiete ist auch die vermögens- und erbrechtliche Grundlage im Haus Liechtenstein zu beachten: Fürst Karl I. und seine Brüder schlossen 1606 einen Familienvertrag. Darin wur- den die wichtigsten Güter zum Fideikommiss erklärt, das heisst zu einem Sondervermögen der Familie, das ungeteilt in der Hand eines Familienmitgliedes blieb. Der Inhaber erhielt nur den Ertrag des Vermögens zur freien Verfügung. Gleichzeitig wurde die Primogenitur- 13  http://de.wikipedia.org/wiki/Reichstag (Heiliges Römisches Reich) (18. Mai 2012) 14  http://de.wikipedia.org/wiki/Schwäbischer Reichskreis (5. Juni 2012) 15 Ferdinand II., Regent 1619–1637. Kapitel_7_Ospelt.indd   16022.10.12   12:43
	        

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