149 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 111, 201283
Liechtensteiner Vaterland vom 3. Juni 1939, S. 1. 84 Liechtensteiner Volksblatt vom 31. Mai 1939, S. 1. 85 Liechtensteiner Vaterland vom 31. Mai 1939, S. 1. 86 Liechtensteiner Volksblatt vom 3. Juni 1939, S. 2. 87 Liechtensteiner Volksblatt vom 20. Mai 1939, S. 2. 88 Neue Zürcher Zeitung vom 31. Mai 1939, S.
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fest schloss. Erwähnenswert an dieser Huldigung ist si- cher auch, dass sich der Fürst in seiner Proklamation «als ersten Bürger von Liechtenstein» bezeichnete, während Otto Schädler keine Hemmungen hatte, die Liechtenstei- ner als «Untertanen» zu bezeichnen, was eine Unterwer- fung implizierte. Für diesen Abend hatte man sich etwas Neues ein- fallen lassen: Um das Fest abzurunden, wurde in Vaduz ein Feuerwerk abgebrannt, wobei der Schriftzug «Mit Gott für Fürst und Vaterland!» an der Schlossmauer den Abschluss bildete – es war das erste Feuerwerk dieser Art.86 Der Bevölkerung war die Bedeutung dieser Worte bewusst. Eine Woche vor der Huldigung, am Sonntag den 21. Mai 1939, hatte in Schaan eine Tagung der katho- lischen Jungmänner stattgefunden. Dazu war im Volks- blatt ein Aufruf publiziert worden, aus dem der folgende Ausschnitt stammt: «Wohl selten ist der Kampf der Welt- anschauungen um die Jugend so heftig gewesen, wie gerade in unserer Zeit, denn wer die Jugend hat, der hat die Zukunft. Hie Christus — hie Antichrist, so lau- tet heute die Alternative, vor die der Jungmann gestellt wird. ... Ein Jungmann aber, der treu zu seinem Gotte und dessen Kirche hält, der hält auch treu zu seinem Va- terlande, der ist auch ein guter Patriot. ... Und da ist es Ehrenpflicht jedes kathol. Liechtensteiner Jungmannes, dass auch er in die Reihen trete, in welchen die Losung gilt: Für Gott, Fürst und Vaterland.» Der Bericht schloss mit dem Wunsch, die Tagung in Schaan möge «zur Er- tüchtigung und Ermutigung unserer kathol. Jungmänner im Geisteskampfe unter der Fahne Christi mit der Lo- sung: Für Gott, Fürst und Vaterland!»87
beitragen. Ein Blick auf die Aussenwahrnehmung der Huldigung ist interessant. Die Schweizer Zeitungen zeigten grosses Interesse und berichteten wohlwollend: Einige kommen- tierten, dass die Huldigung an eine Landsgemeinde erin- nert habe – tatsächlich ergaben sich durch die ringartige Anordnung des Schwurvolkes und die zentrale Tribüne deutliche formale Übereinstimmungen. Auch in der Mentalität dürften die Eidgenossen gewisse Parallelen gesehen haben. In der Neuen Zürcher Zeitung war eine bemerkenswerte Analyse zu lesen: «Wie für die Schweiz die föderative Vielfalt und kulturelle Mannigfaltigkeit ihre äussere Kleinheit in manchen Teilen aufzuwiegen vermag, so liegt für das kleine Liechtenstein in der Ver- bindung mit einem alten und angesehenen Fürstenhause eine Gewähr für seinen Bestand und seine Geltung. Die
monarchistische Tradition, die angesichts der geringen Grössenverhältnisse des Landes gelegentlich des muse- alen Charakters nicht entbehrte, hat vitale Gegenwarts- bedeutung erlangt.»88
Die Basler Nachrichten: «Wie eine grosse Landsgemeinde sah es aus, nur festlicher und farbenfroher. Und in diesem Kreise, in diesem pracht- vollen Naturrahmen tauschten der neue Fürst und das Volk durch seine Vertreter, den Landtagspräsidenten und -vizepräsidenten den Treueschwur aus in feierlicher Zwiesprache, mit Proklamation und Eidschwur. Dem Volk und dem Fürsten jedem sein Recht, aber beide in Treue zum Land vereint, das war der Gehalt der Reden und Bekenntnisse. Aber der feierliche Akt war diesmal nicht bloss eine Huldigung, er wurde auf dem Hinter- grund der Zeit zu einer Demonstration, aber nicht zu ei- ner Demonstration gegen jemand, sondern es war eine Demonstration für ein Volk, das arbeiten und sich nicht in unverantwortliche Abenteuer hinein ziehen lassen will.» Bis 1940 waren staatliche Feierlichkeiten fast immer Feiern, in denen die Verbundenheit mit der Monarchie kommuniziert wurde. In dieser Übersicht würde nun ein wesentlicher Anlass fehlen, wenn abschliessend nicht auch noch die Einführung des Staatsfeiertags erwähnt würde. Am 5. August 1940 erklärte die Regierung den 15. August zum Staatsfeiertag. Dies war einerseits der Feiertag Mariahimmelfahrt und andererseits der Vor- tag des Geburtstags von Fürst Franz Josef II. Beides ent- sprach der gewünschten Symbolik. Der Staatsfeiertag sollte in allen Gemeinden mit einem Hochamt begangen werden. Im Anschluss an die Messe sollten die Musik- vereine in den Gemeinden ein Ständchen bieten und die Vereine die Bewirtung übernehmen. Die Hausbesit- zer wurden aufgefordert, ihre Häuser zu beflaggen. Am 16. August, dem eigentlichen Geburtstag des Fürsten, waren die Vertreter der Behörden eingeladen, ihre Glückwünsche dem Fürsten auf Schloss Vaduz zu über- bringen. Die Bezeichnung «Fürstenfest» (neben dem of- fiziellen Begriff Staatsfeiertag) hat sich erst in den 1970er Jahren etabliert. Kapitel_6_Vogt.indd 14922.10.12 12:40