Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

140Vogt Paul: «Das Band weben, welches Fürst und Volk enger verbindet» 
55 Liechtensteiner Volksblatt vom 24. Juni 1925, S. 1. 56 Liechtensteiner Nachrichten vom 24. Juni 1925, S. 1. 57  Liechtensteiner Volksblatt vom 20. Oktober 1897. «Unser Vater- land». 58  Der Begriff «Fürstenhuldigung» wurde von den Organisatoren verwendet, die dem Fürsten zu seinem 80. Geburtstag gratulieren wollten. Die «Huldigung» fand im fürstlichen Absteigequartier statt, es nahmen Vertreter der Regierung, des Landtags, der Geist- lichkeit, der Beamten und Lehrer, der Landesvereine und Orts- vorsteher 
teil. 
aus der erlauchten Schar der Heiligen, ward unserem Monarchen zum Namenspatron beschieden, und wie jener grosse Heilige ein Wegbereiter seines göttlichen Herrn war, so war und ist unser Fürst Zeit seines Lebens ein Wegebner für das Gute, für alles Edle, für das Wohl seines ihm anvertrauten Volkes.»55 Die Liechtensteiner Nachrichten gingen in ihrer Euphorie noch einen Schritt weiter und verglichen den Fürsten gleich mit dem Hei- land: «Und segenspendend ist unser gütiger Monarch stets durch unser Land geschritten, dem Heilande gleich, von dessen Händen der Segen auf Palästinas Fluren nie- derträufelte. Nicht nur ein Segnender bloss, nein, auch ein Gesegneter!»56 Fürst Johann II. starb am 11. Februar 1929. Seine Per- sönlichkeit ist – wie bereits erwähnt schwer zu fassen, da er nie öffentlich gesprochen und sehr zurückgezogen gelebt hat. Eine Huldigungsfeier im eigentlichen Sinn gab es in seiner Regierungszeit nicht, Volk und Landtag haben ihm aber in unzähligen Telegrammen und Glück- wunschadressen ihre unverbrüchliche Treue und Liebe versichert. Seine zurückgezogene Lebensweise und seine seltene Anwesenheit im Land schadeten seiner riesigen Popularität nicht, was allerdings bei seiner Grosszügig- keit und Freigebigkeit nicht verwundern kann. Seine grosse Bedeutung liegt darin, dass er – neben finanzieller Unterstützung, die Liechtenstein in Notzeiten wiederholt dringend benötigte – dem liechtensteinischen Völklein Zuversicht und eine eigene Identität gab. Die eigene Identität wurde durch verschiedene Bauten sichtbar gemacht, die zu Wahrzeichen des Landes wurden: An erster Stelle zu nennen ist die Renovation von Schloss Vaduz, dann aber auch das neue Regierungsgebäude im repräsentativen, neobarocken Stil und die verschiedenen Pfarrkirchen, die mit fürstlicher Unterstützung gebaut wurden. Erwähnenswert ist auch das neue sog. fürstliche Absteigequartier, das als (gedachter) Wohnort des Für- sten vermehrte Präsenz symbolisierte. Eng mit seinem Namen ist auch der prestigeträchtige Fürstensteig ver- bunden, dessen Bau von Johann II. finanziert wurde. Zu den nationalen, identitätsstiftenden Symbolen, die in seiner Zeit – wenn auch ohne sein Zutun – ge- schaffen wurden, zählt auch die Landeshymne. Der Text der Hymne stammt wohl vom Balzner Kaplan Jakob Josef Jauch und wurde Mitte der 1850er Jahre verfasst. Die Existenz einer Nationalhymne war jedoch lange Zeit weder der Regierung noch der Hofkanzlei in 
Wien bewusst. Erst mit der Landesausstellung von 1895 wurde die Hymne populär gemacht. Der Text der Hymne wurde erstmals gedruckt und an die Männerchöre ver- teilt, die die Landeshymne in ihr Repertoire aufnahmen.57 Seither wurde die Hymne bei vaterländischen Anlässen oft mit Begeisterung gesungen. Der Text eignete sich vorzüglich für patriotische Feiern: In der ersten Strophe wurde (beziehungsweise wird bis heute) darauf Bezug genommen, dass «Gottes weise Hand» dieses liebe Va- terland für uns ersehn hat – dies korrespondiert mit der Vorstellung, dass der liechtensteinische Weg nicht durch Zufall, sondern durch göttliche Vorsehung bestimmt ist. Die Hymne schliesst mit einem Hoch auf das Vaterland und den Fürsten sowie einem Bekenntnis zum Fürsten- haus und zur Bruderliebe, also zu Einigkeit und Gemein- samkeit. Die Hymne vermittelt damit klare Werte. Fürst Johann II. hatte eine enorme symbolische Be- deutung für das Land, er gab ihm Zuversicht und den Glauben an seine Überlebensfähigkeit, an eine bessere Zukunft. Das Fürstentum sah sich selber als kleines Land – bedroht wie ein Schifflein, das schutzlos in den Stürmen der Weltgeschichte zu überleben versuchte. Im Ersten Weltkrieg erlebte es in dramatischer Weise die eigene Bedeutungs- und Hilflosigkeit. In dieser Situa- tion sah es im Fürstenhaus mit seiner fast 800-jährigen Geschichte einen Felsen in der Brandung, der ewigen Bestand hat und dessen Glanz und Reichtum auch dem Land Sicherheit, Zuversicht und Orientierung geben konnte. Man hatte mehr Vertrauen in Gott und den Für- sten als in sich selbst. Der Heiland und der Fürst wur- den wiederholt im gleichen Atemzug als Segensspender genannt. Ein weiteres Zitat von Landesverwesen Prinz Karl anlässlich der «Fürstenhuldigung»58 
am 15. Septem- ber 1920 soll dies nochmals verdeutlichen: «Die Heilige Schrift hat das Erdenleben unseres göttlichen Heilandes in die Worte zusammengefasst: Er ging durch die Welt Kapitel_6_Vogt.indd   14022.10.12   12:40
	        

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