Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

119 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 111, 
2012 
len Veränderungen des 17. Jahrhundert in kaiserlichen Diensten hatte, so blieb der Anspruch auf Selbständig- keit doch stets bestehen. Das Bemühen um ein vom Kai- serhof unabhängiges Profil zeigte sich bei Fürst Karl I. nicht zuletzt im Vorhandensein eines eigenen Hofstaats, einer eigenen Kanzlei und des eigenen Rechnungswe- sens. Dies entsprach der Grösse der Herrschaft, war aber auch der sichtbare Ausdruck einer Sonderrolle, die die fürstliche Familie Liechtenstein unter dem erbländischen Adel auszeichnete: Die Fürsten von Liechtenstein wa- ren Lehensträger in Österreich, Böhmen, Schlesien und Mähren, zugleich aber auch die Herren der Stände ihrer Herzogtümer Jägerndorf und Troppau. Die historische Aufgabe des politisch kaum aktiven und daher von der Geschichtsschreibung auch nur wenig beachteten Für- sten Karl Eusebius bestand darin, das übernommene Erbe in schwerer Zeit ungeschmälert bewahrt zu ha- ben. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel steuerte vor allem Karl Eusebius’ Vetter, Fürst Hartmann40, bei. Ohne die stete Bereitschaft Hartmanns, seinen Reichtum im Interesse der Gesamtfamilie zur Verfügung zu stel- len, hätte – und das kann mit Fug und Recht behauptet werden – die fürstliche Familie Liechtenstein ihre füh- rende Position innerhalb des Hochadels nicht aufrecht erhalten können. Fürst Johann Adam I. Andreas über- nahm punktgenau zur rechten Zeit die Regentschaft des fürstlichen Hauses. Dem «Krösus von Österreich» gelang der Balanceakt zwischen der Distanz vom und der Nähe zum kaiserlichen Hof nahezu perfekt. In ihm vereinigten sich die Charakteristika des Grossvaters Karl I. und des Vaters Karl Eusebius in eindrucksvoller Weise. Vor allem aber war er sehr reich und damit in der Lage, die finan- zielle Grundlage für die Weiterführung von Familientra- ditionen zu legen, für die die fürstliche Familie Liechten- stein durch Jahrhunderte bekannt war.39 
 Zur Einschätzung der Situation Volker Press: Das Haus Liech- tenstein in der europäischen Geschichte. In: Volker Press und Dietmar Willoweit (Hrsg.): Liechtenstein – Fürstliches Haus und staatliche Ordnung. Vaduz, München, Wien, 
21988, S. 15–86, hier vor allem S. 31–53. 40  Fürst Hartmann (1613–1686), der älteste Sohn Fürst Gundakers aus seiner ersten Ehe mit Gräfin Agnes von Ostfriesland (1584– 1616), zählt zu den zu unrecht wenig beachteten Persönlichkeiten der fürstlichen Familie. Erst der große Reichtum des klug und erfolgreich wirtschaftenden Fürsten ermöglichte die Gewährung jener Kredite, die es seinem Vetter, Fürst Karl Eusebius, erlaub- ten, die Regentschaft unbeschadet und nach Außen glanzvoll weiterzuführen. Bildnachweis S. 105, 108, 111, 114 oben: LIECHTENSTEIN. The Princely Collections. Vaduz–Vienna S. 110, 118: Liechtensteinisches Landesmuseum Vaduz (Sven Beham) S. 112: Österreichische Nationalbibliothek, Wien S. 114 unten: Liechtensteinisches Landesarchiv, 
Vaduz Anschrift des Autors Dr. Herbert Haupt, Schweizertalstrasse 5/1/14, A-1130 Wien 37  Zu seiner Person Volker Press: Fürst Joseph Wenzel von Liech- tenstein (1696–1772). Ein Aristokrat zwischen Armee, Kaiserhof und Fürstenhaus. In: Reinhold Baumstark (Hrsg.): Joseph Wenzel von Liechtenstein. Fürst und Diplomat im Europa des 18. Jahr- hunderts. Einsiedeln, 1990, S. 10–23 und Gerald Schöpfer: Klar und fest. Geschichte des Hauses Liechtenstein (= Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Sonderband 2). Graz, 1996, S. 72–77. 38  Zu ihrer Person siehe Falke (Anm. 1), Bd. 2, S. 359–366 und Jo- hann Baptist Büchel: Bilder aus der Geschichte des Fürstenhauses von und zu Liechtenstein. In: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein. Bd. 25. Vaduz, 1925, S. 87–90. Kapitel_5_Haupt.indd   11922.10.12   12:37
	        

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