Volltext: Jahrbuch (2012) (111)

115 Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein, Jahrbuch Band 111, 
2012 
Hilfe von Fürst Hartmann (1613–1686) vonnöten. Dieser hatte trotz aller Bemühungen die peinliche Transaktion geheim zu halten, sehr rasch davon Kenntnis erhalten und reagierte prompt. Immerhin stand die Familienehre auf dem Spiel. Die überwiesenen 60’000 Gulden waren weit mehr, als Karl Eusebius benötigt hatte. Hartmann begründete die spontane Aushilfe damit, dass er sich verpflichtet fühlte, «des geschlechts interesse zu beo- bachten» und dass es nicht gut wäre, «daß dergleichen praetiosa in andere schlecht hende kommen.»24 Was der Vater von Fürst Karl Eusebius, Fürst Karl I., zu dem Vor- fall gesagte hätte, wäre er noch am Leben gewesen, das überlasse ich der Vorstellung des Lesers. Johann Adam I. Andreas wurde am 30. November, dem Festtag des Apostels Andreas, 1657 als Sohn von Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein (1611–1684) und Johanna Beatrix (1625–1676), geborene Prinzessin von Dietrichstein, in Brünn geboren und tags darauf vom dortigen Stadtdechanten getauft. Die Kindheit verbrachte Johann Adam in der Obhut seiner Tante Maria Eleonore (1623–1687), einer geborenen Prinzessin von Dietrich- stein und Schwester seiner Mutter Johanna Beatrix, in Schloss Austerlitz, wo er gemeinsam mit Graf Dominik Andreas I. von Kaunitz (1655–1705) aufwuchs. Im Alter von sieben Jahren übersiedelte der Prinz zu den Eltern nach Feldsberg, wo er von auserlesenen Privatlehrern unterrichtet wurde. Johann Adam I. Andreas litt in der Jugend an starken Lähmungserscheinungen des rech- ten Arms, was sowohl die Aufwartung am Kaiserhof in Wien als auch die sonst übliche ausgedehnte Länderreise («Kavalierstour») unmöglich machte. Zwei im Auftrag des Vaters unternommene Reisen des Prinzen nach Rom und Venedig in den Jahren 1677 und 1679 dienten vor- wiegend der Kontaktaufnahme mit den hier tätigen Al- chemisten. Nach dem nicht zustande gekommenen Ehe- projekt mit Prinzessin Maria Anna Wilhelmine (1655– 1701), Tochter des reichsunmittelbaren Markgrafen Wil- helm von Baden-Baden (1593–1677), heiratete Johann Adam I. Andreas am 16. Februar 1681 Prinzessin Erd- munda Maria Theresia von Dietrichstein (1652–1737) in St. Michael in Wien. Die ein Jahr später (Februar/März 1682) in Erwägung gezogene Kandidatur Johann Adams für das vakante Oberamt in Schlesien scheiterte nicht zuletzt am Widerstand seines Vaters Karl Eusebius. Der Prinz lebte seit der Vermählung mit der Familie in Schloss Plumenau (Plumlov) in Mähren. Nach dem Tod 
von Fürst Karl Eusebius am 5. Februar 1684 übersiedelte Johann Adam I. Andreas nach Feldsberg und übernahm gemäss der «Erbeinigung» von 1606 als Primogenitus der Karolinischen Linie die Regierung des Hauses Liechten- stein. Ein erster bemerkenswerter Akzent, den Johann Adam I. Andreas unmittelbar nach der Übernahme der Herrschaft setzte, war die Schenkung von acht ausge- wählt schönen Pferden an König Ludwig XIV. von Fran- kreich (1638–1715). Die Übergabe erfolgte im Juli 1685 in Paris in Anwesenheit des Königs, der sich über das Präsent erfreut zeigte und für die Schönheit der Pferde nur lobende Worte fand. Fürst Johann Adam I. Andreas übernahm von seinem Vater zwar die Herzogtümer Jägerndorf und Troppau samt ungeschmälertem Landbesitz, daneben aber auch eine drückende Schuldenlast von knapp 815‘000 Gulden. Es gelang dem Fürsten in erstaunlich kurzer Zeit, die von seinem Vater aufgenommenen Kredite zurück zu zah- len. An erster Stelle standen dabei die Darlehen in der Höhe von mehr als 400‘000 Gulden, die Fürst Karl Eu- sebius von seinem Vetter, Fürst Hartmann (1613–1686), gewährt worden waren. Zusätzlich vermochte Johann Adam I. Andreas auch das Eigenkapital kontinuierlich zu vermehren. Neben dem ohne Zweifel vorhanden ge- wesenen ökonomischen Verständnis des Fürsten erwie- sen sich zahlreiche andere Faktoren dabei als hilfreich.25 Zu ihnen zählten der allgemeine wirtschaftliche Auf- schwung nach dem Ende der Türkengefahr in den Acht- zigerjahren des 17. Jahrhunderts ebenso wie die Reorga- nisation und die Straffung in der Verwaltung der eigenen Herrschaften. Neue Betriebsformen und Förderungsme- thoden wurden eingeführt, nicht rentable Wirtschaftsbe- reiche abgeschafft beziehungsweise eingeschränkt. Fürst Johann Adam I. Andreas zeigte bei der Neuein- setzung seiner Wirtschaftsräte eine gute Hand und zö- gerte auch nicht, die ihm aus seiner Sicht zustehenden 24  Zitat aus einem Brief von Fürst Hartmann an Fürst Karl Eusebius vom 25. Dezember 1677 im Fürstlich liechtensteinischen Hausar- chiv, Karton 512. 25  Hannes Stekl: Ein Fürst hat und bedarf viel Ausgaben und also viel Intraden. Die Finanzen des Hauses Liechtenstein im 17. Jahr- hundert. In: Evelin Oberhammer (Hrsg.): Der ganzen Welt ein Lob und Spiegel. Das Fürstenhaus Liechtenstein in der frühen Neuzeit. Wien, München, 1990, S. 64–85. Kapitel_5_Haupt.indd   11522.10.12   12:37
	        

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