Volltext: Jahrbuch (2011) (110)

50Županiã Jan: Der Erbe des Barons von Hirsch: Maurice Arnold Freiherr von 
Deforest-Bischoffsheim 
bedeutender Israeliten unter diesem Gesichtspunkt be- trachten, die solche Schritte verhindern sollten.8 Ein nicht weniger wichtiger Grund war auch der stärker werdende Antisemitismus, dem der Krach der Wiener Börse im Jahr 1873 erneuten Auftrieb gab. Als Folge davon entwickelte sich ein rassistisch begründeter Antisemitismus, vor dem auch die Konvertierten nicht sicher waren.9 
Humanitäre Engagements von jüdischen Grossunternehmern gewannen eine politische Bedeu- tung. Diese Bedeutung wuchs, als viele Juden begannen, die neu entstehende zionistische Bewegung offen zu un- terstützen. Diese Unterstützung war auch eine Reaktion auf den steigenden Antisemitismus. In dieser Atmosphäre des Misstrauens und des Ras- senhasses waren innerhalb der jüdischen Elite die Fa- milienbande genauso stark wie im Falle der ersten Ge- sellschaft. Diese Familienbande wurden auf alle Lebens- bereiche, einschliesslich wirtschaftlicher Unternehmen, 
übertragen. Bereits das sogenannte Tabakkonsortium, welches das Tabakmonopol in den Ländern der böh- mischen Krone und in Österreich im Jahr 1765 von Maria Theresia mietete, setzte sich aus wechselseitig verwand- ten Einzelpersonen zusammen. Deren Familien spielten eine wichtige Rolle in der Wirtschaft der Monarchie, aber auch noch im 20. Jahrhundert.10 Ähnliche Allianzen bildeten sich am Anfang des 19. Jahrhunderts um die bedeutendsten jüdischen Fa- milien, diesmal jedoch aus dem Bereich der Bankiers. In erster Reihe handelte es sich um den «Klan» der Fa- milien Arnstein und Eskeles,11 dessen Bindungen an die jüdischen Eliten jedoch infolge der Konvertierung beider Familien zum Katholizismus im Laufe der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschwächt wurden.12 
In den 1840er und 1850er Jahren führte dieser vom französischen Fi- nanzminister Achille Fould (1800–1867), vom Bankhaus Fould & Oppenheim und später von der Investitions- bank 
Crédit Mobilier unterstützte «Verwandtschaftsklan» einen Handelskrieg mit der Familie Rothschild, der jedoch Ende der 1850er Jahre mit seiner Niederlage endete.13 Die zweite, nicht weniger einflussreiche Gruppie- rung mit umfangreichen Kundenbeziehungen stellte die Familie Rothschild dar.14 
Diese ursprünglich deutsche Familie war schon vor ihrer Nobilitierung mit etlichen einflussreichen jüdischen Familien aus dem Reich ver- wandtschaftlich verbunden. Als ihre Mitglieder ihren Wirkungskreis auch auf Österreich ausdehnten, haben sie Allianzen auch mit den hiesigen jüdischen Eliten an- geknüpft. Die Familie Rothschild war eindeutig die be- deutendste Familie aus den Reihen des jüdischen Adels, und zwar nicht nur in Österreich, sondern europaweit. Deswegen ist die kosmopolitische Zusammensetzung ihrer Verwandtschaft und Anhänger, deren Umfang an die Bindungen bedeutender aristokratischer Häuser er- innert, nicht überraschend. Zu den Angehörigen des breiteren Rothschild-Klans können die Familie Bischoffs- heim, Goldtschmidt (später Goldtschmidt-Rothschild), Goldschmidt von Libanka, Gutmann, Oppenheim, Schey von Koromla und andere bezeichnet werden.15 
Leider stehen uns nicht genug Informationen über die Intensi- tät der gegenseitigen Beziehungen zur Verfügung. Doch wissen wir, dass es eine ziemlich enge Beziehung zwi- schen dem Haus Rotschild und Moritz Freiherrn von Hirsch auf Gereuth (1831–1896) gab. 
Wappen Freiherr von Hirsch auf Gereut (1869). Kapitel_2_Zupanic.indd   5026.07.11   13:45
	        

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