Volltext: Jahrbuch (2011) (110)

48Županiã Jan: Der Erbe des Barons von Hirsch: Maurice Arnold Freiherr von 
Deforest-Bischoffsheim 
Familien und ihrer Verwandtschaft nicht so fest waren, wie im Falle des alten Adels. In diesem Fall handelt es sich jedoch um die Anwendung der heutigen Normen auf die Gesellschaft, die trotz aller verwandten Züge ab- weichend 
aussah. Liechtensteinische Nobilitierungen Es ist ohne Zweifel, dass die Familie Liechtenstein seit dem Mittelalter zu den wichtigsten aristokratischen Dynastien in Europa zählte. Seit dem Ende des 16. Jahr- hunderts spielte die Familie dank Karl von  Liechtenstein (1569–1627) und seinen Geschwistern eine höchst wich- tige Rolle im politischen Spektrum der Habsburgischen Monarchie. Seit 17. Jahrhundert hatte die Familie Liech- tenstein auch das Vorrecht, die Wappen und Adelstitel zu erteilen.2 
Der Karlslinie wurde dieses Recht mit Urkunde des Kaisers Rudolf II. vom 30. März 1607 verliehen. Das Oberhaupt dieser Linie war in der Folge berechtigt, öf- fentliche Notare zu ernennen, uneheliche Kinder der Un- adeligen und Adeligen (mit Ausnahme der Fürsten-, Gra- fen- und Freiherrenbastarde) zu legitimieren, gewählte Personen aus der Erbuntertänigkeit und Vatersmacht zu lösen (mündig zu machen), verurteilte Personen zu be- gnadigen, Urkunden anzufertigen und zu beglaubigen und Adelsstand, Wappen und Prädikate zu erteilen. Der bis heute lebenden Linie Gundakars wurden dieselben Vorrechte durch die Urkunde des Kaisers Ferdinand II. vom 14. November 1633 verliehen, jedoch ohne das Recht, Wappen und den Adelsstand zu erteilen. Diese Vorrechte wurden Gundakar und seinen Nachkommen erst von Ferdinand III. am 23. Oktober 1654 verliehen.3 Die Familie Liechtenstein nutzte das Recht, das Wap- pen und den Adelsstand zu erteilen, nicht besonders oft. Im Falle der älteren Linie Karls sind fünf gesicherte Fälle bekannt, weitere zwei Nobilitierungen sind wahrschein- lich, bei der jüngeren Linie Gundakars gab es zehn No- bilitierungen und zwei Verleihungen eines Wappens.4 Genauso wie im Fall der meisten Adelstitelverleihungen – das Recht dazu wurde auch Palatinat genannt – be- schränkten sich die Rechte der Familie Liechtenstein auf die Verleihung der niedrigsten Adelsstufe. Der Untergang des Heiligen Römischen Reichs be- deutet indes das Ende aller solcher Beschränkungen. Die Liechtensteiner konnten nun ihr Nobilitierungsrecht im 
Die Geschichte des sogenannten neuen Adels, der Fami- lien, die ihre Titel im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts erwarben, steht in letzter Zeit in der Gunst einer ganzen Reihe von Historikern. Es handelt sich dabei jedoch um ein sehr breites Thema, und auch die Menge an Archiv- material ist im Vergleich mit der älteren Zeit wesentlich umfangreicher. Im Falle von Österreich und Österreich- Ungarn wird die ganze Sache noch durch den territo- rialen Faktor kompliziert. Die nobilitierten Personen stammten aus verschiedenen Ecken der Monarchie, sie sprachen verschiedene Sprachen, gehörten zu unter- schiedlichen Kulturkreisen und oft waren sie auch kon- fessionsverschieden. Selbst die Suche nach den Grundin- formationen über die einzelnen Adeligen ist oft höchst kompliziert, umso mehr die Suche nach ausführlicheren Berichten über ihr Leben. Und dies gilt auch für Fälle, bei denen es sich um höchst bedeutende Personen handelte. Zu ihnen zählt ohne Zweifel auch der Adoptivsohn der Baronin Clara von Hirsch, Maurice Arnold Freiherr von Deforest-Bischoffsheim, seit 1932 Bürger des Fürsten- tums Liechtenstein, der im Jahr 1936 vom Fürsten Franz I. für seine ausserordentlichen Verdienste um das Land zum Grafen von Bendern erhoben wurde. Das Ziel der folgenden Studie ist, die bis jetzt wenig bekannten Mo- mente seines Lebens aufzudecken und damit zur bes- seren Kenntnis der Persönlichkeit beizutragen, die be- deutend in den Gang der europäischen Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingriff.1 Obwohl die Erforschung der adeligen und aristokra- tischen Familien momentan in raschen Schritten voran- geht, bleibt vieles noch verborgen. Dies wird einerseits durch den beträchtlichen Umfang von Unterlagen ver- ursacht, die insbesondere im Falle der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts zur Verfügung stehen, ande- rerseits durch die teilweise Ausserachtlassung einiger historischer hilfswissenschaftlicher Disziplinen, deren Anwendung manchen Wissenschaftlern offensichtlich als überflüssig erscheint. Erstrangig geht es um die Ge- nealogie. Während man im Falle der aristokratischen und der alten Adelsfamilien über die Verwandtschaftsverbin- dungen und die gegenseitigen Verflechtungen sehr gut informiert ist, mangelt es bis jetzt im Falle des neuen Adels (und besonders des jüdischen Adels) an solchen Informationen. Die Frage ist, was die Gründe für diesen Mangel an Informationen sind. Dies liegt wohl zum Teil daran, dass die Beziehungen unter den neu geadelten Kapitel_2_Zupanic.indd   4826.07.11   13:45
	        

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