Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

schliesslich Diskursivität angeht, verweisen etwa Frey und Kirchgässner (1993) darauf, dass bei Sachabstimmungen bestimmte Beschlussvorlagen immer in Konfrontation mit Alternativen diskutiert werden, entweder im Vergleich zu den geltenden Regelungen oder, im Falle des Referen- dums, in Auseinandersetzung mit einem vorgängig gefällten parlamenta- rischen Entscheid. Damit entstehe automatisch eine Pro- und Contra- Argumentationsstruktur und somit Interaktion und Diskursivität. Neben diesen generellen Zusammenhängen ist die Qualität und Bedeutung der kommunikativen Dimension direktdemokratischer Ver- fahren in hohem Masse von den konkret gegebenen Randbedingungen im Einzelfall abhängig. An erster Stelle ist in dem Zusammenhang auf die Rolle der politischen Eliten hinzuweisen. Das Ausmass von Konflikt oder Konsens und die Formierung von Elitenkoalitionen prägt Umfang und Inhalt von Kampagnenaktivitäten (Kriesi 2007). Darüber hinaus ist die konkrete Ausgestaltung direktdemokratischer Verfahren von Bedeu- tung. So macht es für die Intensität und Beteiligung öffentlicher Kom- munikation einen Unterschied, ob die anstehende Entscheidung «von unten» ausgelöst wird, also in Form einer Volksinitiative aus der Mitte des politischen Aktiv-Publikums entspringt, oder ob es sich um eine von den Staatsorganen eingeleitete Volksabstimmung handelt, wie etwa bei obligatorischen Referenden. Im letztgenannten Fall wird die öffentliche Debatte annahmegemäss in stärkerem Masse von den taktischen Kalkü- len der politischen Entscheidungsträger dominiert sein (Kampwirth 1999, 21), wäre also im Sinne der Habermas`schen Unterscheidung eher instrumentelle als etwa herrschaftsfrei-diskursive Kommunikation. So wird die kommunikative Begleitung des Behördenreferendums von vornherein auf nichts anderes als auf die Beschaffung von Legitimati- onsvorteilen für längst entschiedene Entscheidungen aus sein (Linder 1999, 328) und insoweit eher demonstrative als diskursive Publizität er- zeugen. Auch bei bloss konsultativen Abstimmungen wird eine ernst- hafte Debatte mit breiter Beteiligung wegen der Unverbindlichkeit des Entscheides eher nicht entstehen (Frey / Kirchgässner 1993, 139; Schnei- der 2003). Tatsächlich liefern die Schweizer Erfahrungen Indizien dafür, dass populistische Formen politischer Kommunikation in Abstimmungs- kämpfen praktiziert werden und erfolgreich sein können. Speziell im Zusammenhang mit Referenden (obligatorischen und / oder fakulta - tiven) treten vergleichsweise häufig politische Minderheitenakteure auf, 38Öffentlichkeit, 
öffentliche Meinung und Demokratie
	        

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