Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

parlamentarischen Gremien, können fallweise zu Teilen des Öffentlich- keitssystems (in dem Fall: der Versammlungs- oder Medienöffentlich- keit) werden. Insoweit ist Öffentlichkeit von den Arkanbereichen des politischen Systems zu unterscheiden, nicht aber generell von den insti- tutionellen Strukturen der Politik.11Politische Öffentlichkeit entsteht im Moment der Durchdringung der Öffentlichkeitsstruktur durch den politischen Kommunikationsprozess und ist definiert als Mehrebenen- system frei zugänglicher Kommunikation,12die auf die Herstellung, Durchsetzung und Begründung kollektiv verbindlicher Entscheidungen bezogen ist. Im Schnittpunkt von politischer Kommunikation und poli- tischer Öffentlichkeit entsteht insoweit öffentliche Meinung. Öffentliche Meinung, darin besteht weithin Einigkeit, ist das Me- dium, das von der Öffentlichkeit erzeugt und verwendet wird. Während Luhmann aber die Leistung von Themen betont, geht es bei anderen Autoren im Kern um die Herausbildung vernünftiger oder wenigstens «vorherrschender» Ansichten des Richtigen. Ob sich die politische Re- sonanz öffentlicher Meinung tatsächlich in Themenvorgaben erschöpft oder ob von ihr nicht auch weitergehende Bindungen politischen Ent- scheidens ausgehen, ist eine empirisch zu klärende Frage. Sie schien allerdings beim «frühen» Luhmann mit der scharfen Unterscheidung zwischen der Wahl eines Themas und der Artikulation von Meinungen über dieses Thema theoretisch vorentschieden. Die Auflösung dieser Differenz konnte er sich seinerzeit nur als «manipulative Moralisierung» vorstellen, wodurch Kommunikation unbeantwortbar und öffentliche Meinung insoweit ihrer komplexitätsrezudierenden Funktion beraubt werde (vgl. Luhmann 1970a, 7). Mit dem Einbau des Schemabegriffs führt die «Politik der Gesellschaft» (Luhmann 2000) hier einen wich - tigen Schritt weiter, gerade im Hinblick auf die Agenda-Setting-Per- spektive. Denn er macht sichtbar, dass öffentliche Meinung nicht ledig- lich «nackte» Sinnkomplexe fokussiert und Meinungen dazu zulässt, sondern dass ihre eigentliche Leistung in der Herausbildung und Verfes- 30Öffentlichkeit, 
öffentliche Meinung und Demokratie 11Die Grenzen zwischen Öffentlichkeit und den arcana imperii mögen ausnahmswei- se durchlässig sein, etwa für gezielte Indiskretion oder illegale Informationsbeschaf- fung und Veröffentlichung. Die strikte Trennung der Bereiche in Abbildung 1 spie- gelt insoweit den Normalfall wider, der durch solche Ausnahmen bestätigt wird. 12«Frei zugänglich» wird dabei als prinzipielle Offenheit verstanden, was faktische Se- lektivität keineswegs ausschliesst (vgl. dazu Marcinkowski 2001, 245–246).
	        

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