Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

der Zustimmung und Ablehnung zu den einzelnen Vorschlägen durch- aus unterschiedlich ausgeprägt war. Die Agenda der als wichtig erachte- ten Subthemen dient als Indikator der «intensionalen Problemdefini- tion» (Marcinkowski 1999) einer Sachabstimmung. Ihre Bedeutung er- gibt sich aus der plausiblen Annahme, dass der wahrgenommene Pro- bleminhalt einen Einfluss auf die Meinungsbildung der Stimmbürger hat. Prinzipiell bezeichnet das Konstrukt dabei nichts anderes als eine ausdifferenzierte Variante der Problemidentifikations-Komponente in Entmans themenspezifischem Framing-Modell (Entman 2004, 23–26). Um den strategischen Umgang damit zu begrenzen, sehen direktdemo- kratische Institutionen in der Regel Mindestanforderungen an die «Ein- heitlichkeit der Materie» vor.206 Die erste Anwendung der Agenda-Setting-Hypothese in einem Abstimmungsprozess haben Claes de Vreese und Holli Semetko (2004) in ihrer Studie zum Euro-Referendum des Jahres 2000 in Dänemark vor- gelegt. Sie interessieren sich zunächst für den Stellenwert der Referen - dumsthematik im übergreifenden Problemhaushalt des Landes. Die Aufmerksamkeitsschwerpunkte der Medien ermittelten sie durch In- haltsanalyse der nationalen Fernsehnachrichten in den letzten beiden Monaten vor dem Referendum. Die Publikumsagenda wurde wie üblich durch die Frage nach dem wichtigsten Thema, mit dem das Land damals konfrontiert war, operationalisiert. Zwar zeigt sich, dass im gleichen Zeitraum, in dem der Euro beziehungsweise die EU eine Verdreifachung der Aufmerksamkeit in den TV-Nachrichten erfahren hatte, die Zahl der Nennung des Themas durch die Bürger von 7,5 auf knapp 26 Prozent anstieg. Allerdings verwiesen die berichteten Rangkorrelationen über eine Liste von neun Themen auf keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Medienberichterstattung und der aggregierten Bevölkerungs- wahrnehmung. Auch bezogen auf eine Agenda von zehn Sub-Themen der Abstimmungsthematik blieb der Befund negativ. Während sich die Medien überwiegend mit der Abstimmungskampagne selbst beschäftig- 299 
Kognitive Effekte der öffentlichen Meinung 206Vgl. Hangartner / Kley 2000, 341, zum Erfordernis der Aufteilung uneinheitlicher Anliegen auf mehrere Initiativen. Anders in Liechtenstein, wo der StGH gerade auch am Fall der Verfassungsabstimmung festgestellt hat, dass das Erfordernis   der «Einheit der Materie» nicht besteht. Allerdings gab es auch frühere Urteile, die eine andere Deutung zulassen würden. Vgl. Marxer (i.Vorb.), auch Batliner (1993, 147 ff.).
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.