Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

dritten Rollenbild zu fassen, das eine Art Zwitterstellung beschreiben soll. Auf der einen Seite fungieren sie innerhalb der Medienöffentlichkeit als Vermittler zwischen Sprechern und Publikum, sie stellen – wenn man so will – die Brücke oder den Kontakt her, in dem sie bestimmten staat- lichen, politischen und gesellschaftlichen Akteuren medienöffentli che Sprecherrollen einräumen. Auf der anderen Seite schlüpfen Journalisten schon durch diese Auswahl, erst recht aber durch ihre Art der Präsenta- tion und Kommentierung in die Rolle von Quasi-Sprechern der Me- dienöffentlichkeit. In welchem Masse die Medien nur vermitteln oder selbst auch eine Stimme haben, ist eine empirisch durchaus offene Frage, die es im Einzelfall zu untersuchen gilt. In der Konzeption der Teilöffentlichkeiten (ebenso wie in der Un- terscheidung von Leistungskern und Publikum) sind deutliche Anklän- ge an Luhmanns dreiteilige Systemtypologie zu entdecken, zumal wenn sie als Subsysteme eines umfassenden sozialen Kommunikationssystems Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die Herausbildung des «autonomen Öffentlichkeitssystems» (Gerhards  /  Neidhardt 1990, 25) wird mit der funk tionalen Differenzierung moderner Gesellschaften und insbesonde- re mit der Demokratisierung von Politik begründet. Öffentlichkeit kon- stituiert sich auf Basis der Stellungnahmen und Meinungen, die im öf- fentlichen Kommunikationsraum ausgetauscht werden. Die spezifische Sinnrationalität wird «in der Linie systemtheoretischer Perspektiven» (ebd. 26) nicht in deren Vernunftorientierung vermutet, sondern in der «Herstellung von Allgemeinheit» (ebd. 19). Allgemeine Öffentlichkeit zeichnet sich grundsätzlich durch Laienorientierung aus, schon wegen der Unabgeschlossenheit des Publikums. Ob und inwieweit die Allge- meinverständlichkeit öffentlicher Kommunikation tatsächlich realisiert werden kann, hängt nach Gerhards  /  Neidhardt, die hier wieder näher an Habermas argumentieren, von der sozialen Infrastruktur des Systems ab, das heisst, von der Zusammensetzung der redebereiten Akteure. Sie bestimmen auch über die grundsätzlich offenen, aber nicht beliebig hi- nausschiebbaren Grenzen des Systems, die durch jene Themen gebildet werden, über die man öffentlich nicht reden will oder darf. Öffent liche Meinung wird als Produkt oder «Output» von Öffentlichkeit verstan- den und von Gerhards  /  Neidhardt ebenso radikal wie von Luhmann (und jedenfalls deutlicher als bei Habermas) von dem abgelöst, was das Publikum tatsächlich mehrheitlich denkt oder zu meinen glaubt. Öf- fentliche Meinung ist allein durch die Stellungnahmen und Kommentie- 26Öffentlichkeit, 
öffentliche Meinung und Demokratie
	        

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